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«Das Smart Grid ist eine Win-win-Situation»

«Das Smart Grid ist eine Win-win-Situation»

Michael Koller ist Leiter Technologiemanagement bei EKZ.

Herr Koller, müssen wir im Rahmen der Energiewende mit längeren Stromausfällen rechnen?Michael Koller: Diese Befürchtung ist haltlos. Allerdings braucht es für eine Versorgungssicherheit Investitionen. Es gilt, das passive Verteilnetz in ein aktives auszubauen, um die Herausforderungen der erneuerbaren Energien – eine dezentrale, nicht bedarfsgerechte Stromeinspeisung – zu meistern (siehe Seite 8 und 9). Der Umbau des Stromnetzes zum Smart Grid wird übrigens nicht extrem hohe Kosten verursachen. Es käme uns teurer, würden wir die Investitionen nicht tätigen und die erneuerbaren Energien auf herkömmliche Weise ins Netz integrieren.Wie rüste ich als Endverbraucher mein Haus für das Stromnetz der Zukunft?Die vom Bund 2018 verordnete schweizweite Installation der intelligenten Stromzähler, den sogenannten Smart Metern, ist bei uns bereits 2013 angelaufen. Von insgesamt rund 400000 EKZ-Zählern haben wir bereits über 166000 Smart Meter installiert. Bis 2024 wollen wir mit dem Roll-out zu 80 Prozent fertig sein. Der Kunde muss sich hier um nichts kümmern. Wer möchte, kann natürlich bereits einen Schritt weiter gehen und seine eigenen vier Wände mit einem Smart-Home-System oder einer Solaranlage auf dem Dach fit für die Energiewende machen.

Michael Koller, Leiter Technologiemanagement bei EKZ, erklärt, welche Vorteile das Smart Grid Stromversorgern und -kunden bringt.

Welche Vorteile bringt ein Smart Meter?

Der Smart Meter misst nicht nur den Stromverbrauch, sondern auch den Verbrauch im zeitlichen Verlauf, sogenannte Lastgänge und übermittelt diese an die zentralen Server der EKZ. Dank diesen Informationen, die uns übrigens nicht live, sondern erst tags darauf zugespielt werden, können wir die Stromflüsse im Netz besser planen und intelligent steuern. Hierfür werden die Daten anonymisiert verwendet. Wenn der Kunde dies explizit wünscht, bereiten wir die Informationen auch für ihn auf und stellen ihm die Daten in einem Webportal zur Verfügung. So erfährt er, wo er seinen Stromverbrauch ohne Komfortverlust noch weiter reduzieren kann. Damit haben wir eine Win-win-Situation.

Wie sieht es in puncto Datenschutz aus?

Das Ablesen des Stromzählers erfolgt dank dem Smart Meter automatisch und es gibt keine Zählerablesungen mehr vor Ort. Somit basieren alle Rechnungen auf dem effektiv gemessenen Verbrauch. Zur Rechnungsstellung müssen wir die Stromverbrauchsdaten mit den persönlichen Daten verknüpfen. Die Lastgänge werden dabei nur anonymisiert abgespeichert und im Sinne des Verteilnetzes eingesetzt.

Die Zukunftsvision von Smart Grid sieht vor, dass sich die elektronischen Geräte in Haushalten bei Stromüberschuss automatisch einschalten. Wie mache ich meine Waschmaschine Smart-Grid-ready?

Es macht Sinn, dass wir uns vorerst auf die grossen Stromverbraucher wie Warmwasser, Heizung oder die Elektromobilität fokussieren. Aktuell müssen diesbezüglich keine Massnahmen ergriffen werden, doch ist es empfehlenswert, bei einem Neubau oder bei Renovationen grosse Verbraucher mit intelligenter Schnittstelle zu beschaffen, die sich später mit einer intelligenten Steuerung verknüpfen lassen. Der Boiler heizt dann beispielsweise das Wasser auf, wenn die Solaranlage sonst Überschüsse ins Netz einspeisen müsste.

Betreffend dezentrale Stromversorgung: Werden wir dank Smart Grid den auf dem Dach selbst produzierten Strom unter Nachbarn beziehen oder verkaufen können?

Regulatorisch ist das über eine eigene, private Stromleitung bereits heute möglich. Über das EKZ-Netz kann ich heute noch nicht den Strom an meine Nachbarn verkaufen. Dazu fehlt die entsprechende Gesetzesgrundlage. Doch gibt es Bestrebungen in der Politik und von Interessensverbänden, dass in Zukunft auch eine Direktvermarktung des selbst produzierten Stroms an Nachbarn möglich sein wird. In der Schweiz laufen bereits Pilotprojekte, bei denen Apps Privathaushalten ermöglichen, erneuerbaren Strom direkt von privaten Photovoltaik-Betreibern aus der Nachbarschaft zu beziehen. Die physikalische Belastung des Verteilnetzes ist aber unabhängig davon, wem der Strom vom Dach verkauft wird, gleich hoch, und das Smart Grid wird für die effiziente Integration der verteilten Solaranlagen weiterhin benötigt. Interview Lea Marti