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Das intelligente Stromnetz der Zukunft

Erneuerbare Energien für die Energiewende

Das intelligente Stromnetz der Zukunft

Grafik: GettyImages

1 Solaranlagen: Das Potenzial von Solarstrom ist beträchtlich: Bis zum Jahr 2050 könnten rund 20 Prozent des derzeitigen Strombedarfs durch Photovoltaik erzeugt werden. 2 Biomasseanlagen: Biomasse – Rüstabfälle, Kuhmist oder Holz – ist ein Alleskönner, aus der sich Strom, Wärme und Treibstoff gewinnen lässt. 3 Windenergieanlagen: Windenergieanlagen produzieren in der Schweiz zwei Drittel ihres Stroms im Winterhalbjahr. Genau dann, wenn mehr Heizenergie und Strom für die Beleuchtung gebraucht wird. 4 Wasserkraftwerkparks: Die Wasserkraft ist die wichtigste einheimische erneuerbare Energiequelle. 5 Geothermie: Geothermische Stromerzeugung ist nahezu CO2-frei, liefert Bandenergie und braucht wenig Platz. Allerdings bestehen noch Unsicherheiten in Bezug auf die Kosten und die Machbarkeit der Stromerzeugung. 6 Kernkrafwerk: Der Ausstieg aus der Kernenergie erfolgt schrittweise und gibt der Schweiz die nötige Zeit, um das Energiesystem umzubauen.7 Datenmanagementsystem: In der Rechenzentrale des intelligenten Stromnetzes laufen alle Informationen zum aktuellen Stromverbrauch, zur Stromproduktion und Prognosen zur Last- und Einspeisesituationen zusammen. 8 Virtuelles: Kraftwerk Viele kleine dezentrale Produktionseinheiten lassen sich beim Smart Grid zu einem virtuellen Kraftwerk zusammenzuschliessen. 9 Elektromobilität: Der Verbrauch richtet sich im intelligenten Stromnetz nach dem Angebot. E-Autos laden sich automatisch dann auf, sobald ein Überangebot im Netz herrscht. 10 Smart Meter: Intelligente Stromzähler ermöglichen die Ausrichtung des Energieverbrauchs an die Netz- und Tarifsituation. 11 Smart Cities: Mithilfe von Smart Meter liefern Energieversorger Daten zum Stromverbrauch an Haushalte, Geschäfte und Büros und fördern so ein bewusstes Verhalten. Lea Marti

Die unregelmässige und nicht bedarfsgerechte Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen lässt das Netz an seine Grenzen der Belastbarkeit stossen. Die Lösung heisst Smart Grid.

Erneuerbare Energien für die Energiewende

Die Energiewende sieht vor, bis aus der Nuklearenergie auszusteigen. Ein wichtiger Pfeiler dazu ist der Ausbau der erneuerbaren Energien. Aktuell liegt der Anteil der erneuerbaren Energien – Gross- und Kleinwasserkraftwerke, Photovoltaik, Windenergie und Biomasse – im Strommix bei 74 Prozent. Das Potenzial ist damit noch nicht ausgeschöpft. Bei der Wasserkraft sollen bestehende Werke erneuert und ausgebaut, als auch neue realisiert werden. Die Photovoltaik soll bis 2050 rund Prozent des derzeitigen Strombedarfs erzeugen. Die jährliche Stromproduktion der Windparks könnte bis  2030 bei 0,6 Mrd. kWh liegen, und rund ein Dutzend Geothermie-Anlagen könnten insgesamt 800 GWh Strom pro Jahr produzieren.

Dezentrale, nicht bedarfsgerechte Stromerzeugung

Der Ausbau der erneuerbaren Energiequellen ist eine Herausforderung für das Stromnetz der Zukunft. «Eine Stromprodukt on durch eine Vielzahl von Wind- und Photovoltaikanlagen anstelle von Grosskraftwerken führt zu einer dezentralen, nicht bedarfsgerechten Stromerzeugung», blickt Maurus Bachmann, Geschäftsführer des Vereins Smart Grid Schweiz, in die Zukunft. Heisst: Bei schönem Wetter oder windigen Verhältnissen – insbesondere im Sommer, wenn der Stromverbrauch niedrig ist – erzeugen die Anlagen viel Strom. Im Winter, bei hohem Strombedarf, sorgen die Wetterverhältnisse – kalt, dunkel, neblig, kein Wind, keine Sonne – für wenig Leistung im System. Ein weiterer Knackpunkt: Erneuerbare Energien kehren die Richtung des Stromflusses um. «Während bisher der Strom meist in einer Einbahnstrasse vom Kraftwerk über die Übertragungs- und Verteilnetze zum Verbraucher fliesst, müssen die Netze der Zukunft vermehrt Gegenverkehr bewältigen können», so Maurus Bachmann.

Das intelligente Stromnetz

«Damit der Betrieb störungsfrei weiterläuft, braucht es neben dem klassischen Netzausbau einen Umbau des passven Netzes in ein intelligentes Stromnetz», erläutert Maurus Bachmann. Durch den Einsatz von modernen Informations-, Kommunikations- und Steuerungstechnologien werden aus herkömmlichen Energieversorgungsnetzen sogenannte Smart Grids. Diese ermöglichen einen Informationsaustausch zwischen allen Akteuren – Stromerzeugern, Netzbetreibern, Stromverbrauchern und stromspeichernden Komponenten – über Betriebszustand, Energieverbrauch und Energiebedarf. «Damit wird ein automatisierter Ausgleich zwischen Verbrauch und Produktion ermöglicht. Die Stromproduktion richtet sich dann nach der Nachfrage, wie auch der Verbrauch nach dem Angebot.» Beispielsweise laden sich E-Autos automatisch auf, sobald ein Überangebot im Netz herrscht. Ist zu wenig Leistung im Netz, produzieren Speicherseen Strom und Elektroboiler könnten sich zwischenzeitlich ausschalten.

Das Gehirn des Smart Grid

Eine Vision des Smart Grid sieht eine zentrale Steuerung des Stromflusses vor: In der Rechenzentrale werden alle Informationen – aktueller Stromverbrauch, Werte zur Produktion und Prognosen – zusammenlaufen. Damit die digital steuerbaren Stromnetze flexibel auf die unterschiedlichen Last- und Einspeisesituationen reagieren können, wird für ihre Steuerung an verschiedenen Algorithmen geforscht. Maurus Bachmann: «Wichtig ist ein Modell, das genau vorhersagt, auf wie viel Stromeinspeisung und Strombedarf sich das Netz zu einer bestimmten Zeit einstellen kann.» In bioinspirierte Algorithmen werden dabei grosse Hoffnungen gesetzt. Ähnlich der Vernetzung von Neuronen im Gehirn von Lebewesen versuchen diese Algorithmen, Korrelationen zwischen verschiedenen Faktoren zu finden. Beispielsweise werden für Prognosen die Lichteinstrahlung, die Tageszeit, die aktuelle Temperatur, die Mondphase, wie auch das Alltagsverhalten der Bewölkung mit einbezogen.

Speicher als Puffer

Zur Stabilisierung des Stromnetzes spielen Energiespeicher eine wichtige Rolle. «Pumpspeicherkraftwerke mit einem Wirkungsgrad von 75 bis 85 Prozent oder grosse Batteriespeicher mit über 90 Prozent Wirkungsgrad sind aktuell die effizientesten Technologien», so der Geschäftsführer von Smart Grid Schweiz. Eine weitere Möglichkeit bieten sogenannte Power-to-Gas-Anlagen, die überschüssigen Strom in grossem Umfang und über einen längeren Zeitraum speichern lassen. Hierfür wird der Strom in Gas umgewandelt. Ebenso könnten in Zukunft Elektroautos, die beispielsweise über Nacht an der Steckdose eingesteckt sind, die Rolle von Energiespeichern übernehmen. Dabei wartet die Ladebox auf die Information, dass gerade ein Energieüberschuss vorhanden ist und lädt dann das Elektroauto. Umgekehrt kann das E-Auto zu Zeiten hoher Strompreise und Energiemangel elektrischen Strom wiederum ins Netz einspeisen.

Virtuelle Kraftwerke für den Energieausgleich

Das Smart Grid bietet zudem die Möglichkeit, viele kleine dezentrale Produktionseinheiten zu einem virtuellen Kraftwerk zusammenzuschliessen. Den Strom bekommt das virtuelle Kraftwerk aus Windkraft-, Solar- und sogenannten regelbaren Anlagen wie zum Beispiel Biogas- und Biomasseanlagen. Die Integration von regelbaren Anlagen in einem virtuellen Kraftwerk ist deswegen von Bedeutung, da sie die schwankenden Stromerzeugungen aus Wind und Sonne ausgleichen können. Eine intelligente zentrale Steuerung verbindet die angeschlossenen Anlagen zu einer Einheit und steuert diese. Dadurch gewinnt das System an Stabilität. Zudem kann das virtuelle Kraftwerk als selbstständiger Player im Strommarkt auftreten, die vorhandene Flexibilität vermarkten und die Rentabilität der einzelnen Anlagen steigern.

Smart Meter und das Internet der Dinge

Ein Baustein des Stromnetzes der Zukunft sind intelligente Stromzähler, sogenannte Smart Meter, die alle Minuten beim Endkunden den Verbrauch messen und die Daten dem Netzbetreiber übermitteln. «Gleichzeitig werden vom Netzbetreiber Informationen zu den dynamischen Stromtarifen bezogen», so Maurus Bachmann. Ergänzt mit dem Internet of Thing – an das Netz angeschlossene Geräte wie Kühlanlagen, Heizungen, Wärmespeicher oder Waschmaschinen – ermöglichen Smart Meter die Ausrichtung des Energieverbrauchs an die Netz- und Tarifsituation. Heisst konkret: Die Spülmaschine schaltet sich automatisch ein, wenn gerade viel Energie verfügbar ist und der Smart Meter niedrige Tarife meldet. Damit werden die Netze stabilisiert und die Verbraucher profitieren von günstigem Strom.

Smarte Nutzer helfen mit

Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien spielt die Energieeffizienz eine relevante Rolle bei der Realisierung der Energiewende. Maurus Bachmann: «Um die Effizienz zu verbessern, sind smarte Nutzer gefragt.» Denn private Haushalte verbrauchen knapp ein Drittel des gesamten Strombedarfs der Schweiz. Tendenz steigend: Zu Hause und in der Freizeit spielen immer mehr und immer leistungsfähigere Elektrogeräte eine wichtige Rolle. «Dank dem Smart Grid werden den Verbrauchern Werkzeuge in die Hand gelegt, mit denen sie ihren Verbrauch intelligent, heisst automatisch und einfach, steuern und reduzieren können.» So können Smart Meter auf Wunsch der Kunden Detailinformationen zum Stromverbrauch offenlegen und so zu einem bewussteren Verhalten motivieren. Ganz einfach kann dies mittels eines Smart-Home-Systems erfolgen: Die Heizung fährt dann automatisch runter, wenn die Fenster offen sind, oder die Geräte schalten sich offline, sobald man zur Arbeit fährt.