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Heilige Nacht, stille Nacht?

Viele Schweizerinnen und Schweizer verbringen Weihnachten allein. Eine kleine Erinnerung, wie wunderbar das sein kann - und Tipps, wo man in der Ostschweiz bei Bedarf Gesellschaft findet.

Heilige Nacht, stille Nacht?

Vielen Menschen graut es - aus ganz unterschiedlichen Gründen - vor den Festtagen. Bild: Getty

Das Weihnachtsfest ist emotional stark aufgeladen. Bilder vom besinnlichen Beisammensein und familiärer Liebe begegnen uns in dieser Zeit täglich. Die Erwartungen, wie das Fest zu sein hat, sind entsprechend hoch. Die Realität sieht aber oft anders aus und für viele Menschen gestaltet sich der Dezember aufreibend. In all dem Trubel scheint es unmöglich, den konventionellen Vorstellungen von Weihnachten ohne Gewissensbisse entgegenzutreten.

Dabei erleben viele Menschen die Pflichtbesuche bei der Verwandtschaft weder als erfüllend noch als erholsam. Einige können dem festlichen Spektakel allgemein wenig abgewinnen und sehnen sich nach Mitte Januar, wenn wieder Ruhe einkehrt. Andere haben keine oder ein schwieriges Verhältnis zur Familie und die Weihnachtszeit ist eine ständige, teils schmerzvolle Erinnerung daran. Wiederum gibt es Menschen, die gerade eine Trennung oder Krise durchlaufen und denen deshalb vor den Festtagen graut.

Alleine bedeutet nicht einsam

Alleine zu sein, bedeutet nicht zwangsläufig, einsam zu sein, und umgekehrt. Wir können inmitten der Familie am Tisch sitzen und uns isoliert vorkommen. Die Weihnachtstage mit sich selbst zu verbringen, kann für manch einen gar mehr Entspannung und Einträchtigkeit bedeuten, als bei der Verwandtschaft zu verweilen. Die freie Zeit für sich kann flexibel geplant werden und Dinge beinhalten, die schon länger hinter dem Alltag anstehen mussten. Das kann ein Buch oder ein Wellnesswochenende, eine Winterwanderung oder ein aufwendiges Gericht sein. Hauptsache, es tut im Herzen gut.

Eine kleine Umfrage im Freundeskreis zeigt zudem, dass viele Menschen, die während der Festtage alleine bleiben, sich intensiver ihrem Hobbywidmen oder sich selbst etwas schenken. Und vielleicht findet man zwischen Musse und Entspannung noch Zeit für ein virtuelles Zoom-Treffen oder ein Telefonat mit einem Freund oder der Oma.

Das Tanzbein schwingen

Wem das doch zu viel Zeit für Selbstreflexion und -liebe ist, auf den warten in der Ostschweiz zahlreiche Möglichkeiten, sich an Weihnachten mit anderen auszutauschen oder ehrenamtlich zu engagieren - und das nicht nur in religiösen Institutionen. Viele Bars, Restaurants und Clubs haben über die Feiertage geöffnet und empfangen Tanzlustige. Ein Beispiel ist das Kulturzentrum Gare de Lion in Wil SG, das unter dem Motto "Stille Nacht ist woanders" am Heiligabend ab 22 Uhr zur Weihnachtsparty lädt. Ein anderes Beispiel ist die Pianobar in Frauenfeld, wo bereits ab 18 Uhr Livemusik gespielt wird. 

Zudem sind viele soziale Angebote und Vereine auch - oder besonders - in der Weihnachtszeit auf helfende Hände angewiesen. So sucht die schweizweite Präventionsaktion für eine sichere Heimfahrt an Festtagen von Nez Rouge noch Freiwillige für die Ostschweiz. Und in St. Gallen findet dieses Jahr erneut das Projekt "Weihnachten am Bahnhof" im St.-Leonhard-Pärklein statt. Ob als Gast oder als Helfer und Helferin, ein wertvoller zwischenmenschlicher Austausch ist hier gewiss. Von Nachbarshilfe bis hin zu Online-Dating: Die Möglichkeiten für zwischenmenschliche Kontakte sind zahlreich und beschränken sich nicht bloss auf das Fest der Liebe.

Weihnachten sei die schönste Zeit des Jahres, so der Tenor. Wenn Sternsinger umherziehen und der Glühwein in Marktbechern dampft, ist das aber noch lange nicht für jeden ein Fest. Umso wichtiger ist es, sich dem eigenen und gesellschaftlichen Erwartungsdruck bestmöglich zu entziehen. Weihnachten ist weder Zeitpunkt noch Jahreszeit, sondern viel mehr eine Gefühlslage. Wie damit am besten umzugehen ist, entscheidet jeder Mensch für sich.

Anna Dieckmann

Was tun bei einer Festtagskrise?

In der Schweiz Anlaufstellen, gibt es viele vertrauliche die rund um die Uhr für Menschen in Krisen da sind - auch über die Festtage. Die wichtigsten Anlaufstellen:

Die Dargebotene Hand:
Tel. 143, www.143.ch

Beratung + Hilfe 147 für Jugendliche:

Tel. 147, www.147.ch

Reden kann retten:
www.reden-kann-retten.ch (adm)