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Wirtschaftliche Entwicklung nach der Coronazäsur: Eine Analyse von Thomas Ruch aus Wängi

Die Auswirkungen der Pandemie werden sich erst nach und nach zeigen und wohl teilweise schmerzhaft sein.

Wirtschaftliche Entwicklung nach der Coronazäsur: Eine Analyse von Thomas Ruch aus Wängi

In den vergangenen zwei Jahren haben unter den omnipräsenten Zwängen, Verboten, Einschränkungen und Massnahmen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wie wir sie seit Jahrzehnten kennen, ihre Bedeutung und ihren Einfluss beinahe vollständig eingebüsst. Das Land ist zwischen Beinahenormalität und Krisenmodus hin- und hergependelt und die Wirtschaft hat darunter gelitten. Es trifft zwar keineswegs zu, dass in sämtlichen Wirtschaftszweigen Einbrüche in Umsätzen und Aufträgen erlitten wurden. Ganz im Gegenteil stellt sich heraus, dass neben dem Versandhandel auch das regional verankerte Handwerk erfreulicherweise profitieren konnte. Dass indessen beispielsweise die Gastronomie oder die Reiseunternehmer in existenzielle Probleme geritten wurden, vermag nicht weiter zu erstaunen. Nach dem Auslaufen der Massnahmen geht es nun darum, den Scherbenhaufen zusammenzukehren und sich neu aufzustellen. Für einige Wirtschaftsteilnehmer wird es allerdings keinen Neuanfang mehr geben.

Aktuelle Ereignisse

Neben den Verwerfungen in der Privatwirtschaft sind die exorbitanten Kosten für die Volkswirtschaft zu prüfen. Vor allem der Bund hat aus allen Rohren geschossen, um die massnahmenbedingten Wirtschaftseinbussen aufzufangen oder wenigstens abzufedern. So löblich das zu sein scheint, hat es doch seinen Preis, welchen letztendlich der Steuerzahler und Konsument sowie die Arbeitgeber berappen werden. Spätestens im aktuellen Jahr stellt man fest, dass sich die Preisaufschläge auf breiter Front bemerkbar machen. Dies betrifft private Dienstleistungen und Energieträger, aber auch einfache Konsumgüter bis hin zu den Gebäudeversicherungsprämien im Kanton Thurgau. Interessanterweise können derzeit aufgrund der positiven Rechnungsergebnisse die Steuerfüsse in den Kantonen Thurgau, St. Gallen und Schaffhausen gesenkt werden, was im Widerspruch zu den prognostizierten Krisenfolgen steht. Doch wird damit eine Entlastung der privaten Haushalte bewirkt, was ein Zeichen setzt. Es fragt sich erfahrungsgemäss, wann die nächste Erhöhung erfolgt. Da die meisten Kosten auf Bundesebene und bei den Sozialversicherungen entstanden sind, werden hier vermutlich früher oder später spürbare finanzielle Massnahmen erfolgen müssen.

Förderlich wären Signale des Staats, seine Gebühren und Abgaben heute und morgen nicht zu erhöhen. Ein hoffnungsvolles Zeichen setzt dabei das Thurgauer Strassenverkehrsamt mit der Ankündigung, seine Gebühren zu senken. Auch sind Debatten über die Abschaffung der völlig antiquierten Rechtsverkehrssteuern (Handänderungssteuern, Stempelsteuern auf Versicherungen etc.) endlich wieder im Gange. Ob die Finanzen der öffentlichen Hand solche Schritte zulassen, entscheidet sich vor allem auf der Ausgabenseite, wo der Hebel angesetzt werden muss.

Trends und Konsequenzen

Die Teuerung hat sich bereits während der Krisenjahre bemerkbar gemacht, indem zum Beispiel die Handelspreise für Elektrobedarfsartikel oder Bauholz sprunghaft angestiegen sind. Für Hauseigentümer, aber auch für Mieter sind höhere Liegenschaftenunterhaltskosten äusserst unerfreulich. Zusammen mit steigenden Energiekosten führt dies zu höheren Heiz- und Nebenkosten oder könnte gar zu höheren Mieten führen.

Im Bereich der Zinsen scheint sich ein Anstieg abzuzeichnen. Vermutlich wird dieser von Nachhaltigkeit sein, da sich die Inflation in zahlreichen, bestimmenden Volkswirtschaften auf einem langjährigen Höchstniveau befindet. Der Anstieg wird in erster Linie die Schuldzinsen erfassen. Bis die Zinsen auf Sparguthaben ansteigen, wird wohl noch eine längere Zeit verstreichen. Somit dürften zuerst die Festhypotheken teurer und dann vielleicht die Obligationen etwas besser verzinst werden. Der Zinsanstieg entspricht einer äusserst wünschenswerten Entwicklung, sofern der Anstieg moderat bleibt.

Doch ist sie des einen Leid und des anderen Freud. Mit vernünftigen Zinsen liessen sich aus mittleren Sparguthaben Renditen erzielen, welche zum Lebensunterhalt beitragen könnten. Die Vorsorgewerke könnten endlich wieder aus ihren Vermögen Erträge erwirtschaften, um die Rentenbedürfnisse mitzufinanzieren. Sobald jedoch die Zinsen für die Grundpfandschulden spürbar steigen, nimmt der Druck auf die Hauseigentümer zu. Viele haben in den vergangenen Jahren enorme Summen für den Erwerb ihrer Liegenschaften und für Investitionen ausgegeben. Die Hypothekarschulden sind entsprechend hoch. Es wird sich zeigen, ob die strengeren Vergabevorschriften für Hypotheken eine neue Immobilienkrise verhindern. In jedem Fall aber werden die Immobilienpreise kaum weiter so ungezügelt ansteigen.

Was ist für den Hauseigentümer zu beachten? Kurzfristig ist der Ausstieg aus Hypotheken mit flexiblen Zinsen (z. B. Saron, Rollover und variable Hypotheken) prüfenswert. Mittel- und langfristig ist das Anhäufen von Sparkapitalien zielführend, um zur gegebenen Zeit Rückzahlungen der Schulden vornehmen zu können, damit der eventuelle Zinsanstieg ausgeglichen wird. Zudem sollte derzeit reiflich überlegt werden, ob die Anschaffung einer Liegenschaft zu eventuell überhöhtem Preis sinnvoll wäre.

Ausserhalb des Immobilienbereichs sind vor allem die Finanzen der Sozialversicherungen besorgniserregend. So sind die Ausgaben der Arbeitslosenversicherung (ALV) von Fr. 6,5 Mia. im Jahr 2019 auf Fr. 17,3 Mia. im Jahr 2020 hochgeschnellt. Zwar zahlte der Bund ausserordentliche Zuschüsse zur Milderung des Ausgabenüberschusses in die ALV ein, doch damit ist die Rechnung selbstverständlich ohne den Wirt gemacht. Die ewige Diskussion über die Finanzierung der Sozialwerke wurde in den Krisenjahren durch einen Ausgabenrausch unterbrochen, doch wird sie nun wieder neu geführt werden müssen. Die heftigsten Spuren haben die vergangenen beiden Jahre in der Bilanz der Eidgenossenschaft hinterlassen, indem rund Fr. 26 Mia. neue Schulden gemacht wurden. Die Politik versucht, mittels buchhalterischer Massnahmen die Ausgabenüberschüsse schönzureden, um damit Sparprogramme und Erhöhungen von Steuern und Abgaben zu verhindern. Dies mag sinnvoll erscheinen, denn eine Erhöhung von Prämien bei der ALV oder der EO wäre Gift für die Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Wirtschaft und somit für den Arbeitsmarkt. Aber das auf Pump ausgegebene Geld muss wieder eingenommen werden. Sollten keine drastischen und somit unliebsamen Sparmassnahmen erfolgen, bliebe nur die Anhebung der MWST, welche alle gleich belastet. Dies wiederum hätte die Anheizung der Teuerung zur Folge.

Es ist derzeit äusserst schwierig, Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung zu erstellen. Die Welt schlittert von Krise zu Krise, welche unvorhersehbare Eigendynamiken entwickeln. Die Auswirkungen auf jeden einzelnen werden sich zeigen und es bleibt wohl spannend.

Autoren

Ruch Treuhand AG
Dorfstrasse 5
9545 Wängi
Telefon 052 369 72 22
www.ruchtreuhand.ch

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Thomas Ruch lic. iur. Geschäftsleitung
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Daniel Stricker eidg. dipl. Treuhandexperte
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Hans-Rudolf Odermatt Buchhalter mit eidg. FA