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«Gestärkt aus dieser Krise hervorgehen»

Erst TKB, nun Raiffeisen

«Gestärkt aus dieser Krise hervorgehen»

«Dank der Kredite reicht die Liquidität meist für sechs bis acht Wochen»: Heinz Huber. Bild: Gaëtan Bally/Keystone«Dank der Kredite reicht die Liquidität meist für sechs bis acht Wochen»: Heinz Huber. Bild: Gaëtan Bally/Keystone

Die Krise rund um das Coronavirus fordert die Raiffeisenbanken und Heinz Huber. Der Vorsitzende der Geschäftsleitung von Raiffeisen Schweiz arbeitet die meiste Zeit im Homeoffice, schaut aber, dass er zwischendurch an die frische Luft kommt.Wie sieht Ihr Arbeitsalltag in Corona-Zeiten aus?Heinz Huber: Ich arbeite weitgehend von zu Hause aus, führe sehr viele Gespräche über das Telefon oder auch mittels Videokonferenzen. Das funktioniert reibungslos.Inwieweit gab es wegen Corona beruflich etwas neu zu organisieren?Wir mussten die Art und Weise, wie wir unsere Meetings durchführen, anpassen – Konferenzen werden aktuell vor allem mittels Telefon oder Videocalls durchgeführt. Da Raiffeisen Schweiz diese Infrastruktur schon vorher gut ausgebaut hatte, erfolgte der Wechsel problemlos. Ausserdem hat sich meine Reisetätigkeit wesentlich reduziert.

Raiffeisen-Schweiz-Chef Heinz Huber über Homeoffice, Anlegen und die vielen Unternehmen, die wegen Corona nun Hilfe brauchen.

«Nun sollten gestaffelte Aktienkäufe ins Auge gefasst werden.»

Heinz Huber
Chef von Raiffeisen Schweiz

Wie viele Mitarbeitende von Raiffeisen Schweiz arbeiten im Homeoffice und wie funktioniert es?

Bei Raiffeisen Schweiz arbeiten über 90 Prozent aller Mitarbeitenden von zu Hause aus. Bereits vor dieser ausserordentlichen Situation haben wir sichergestellt, dass die Mehrheit der Mitarbeitenden über einen längeren Zeitraum von zu Hause aus arbeiten kann – das funktioniert einwandfrei.

Wie sieht es mit Homeoffice aus bei Mitarbeitenden, die Zugang haben zu sensiblen Daten?

Unsere IT-Systeme sind hervorragend ausgebaut und abgesichert. Nur berechtigte Mitarbeitende haben Zugriff auf sensible Daten und sind im Umgang mit diesen auch entsprechend geschult.

Inwieweit äussern sich das Coronavirus und dessen Folgen im Geschäftsgang von Raiffeisen?

Zurzeit ist es noch zu früh, eine Einschätzung abzugeben. Das hängt von der Dauer dieser ausserordentlichen Situation ab.

Wie viele Firmen haben bisher um einen Kredit aus dem verbürgten Bundesprogramm ersucht?

Bis Mitte April haben wir fast 19 000 Covid-19-Kreditanträge verarbeitet und ausbezahlt.

Wie teilten sich die Anfragen auf in Kreditgesuche bis 500 000 Franken und von einer halben Million bis 20 Millionen Franken?

Bis anhin sind rund 30 Anträge für einen Covid-19-Kredit Plus ab 500 000 Franken bei Raiffeisen eingegangen, diese werden derzeit geprüft. Aufgrund unserer starken Verankerung bei kleinen und mittleren Unternehmen, den KMU, werden bei Raiffeisen vor allem Kredite bis 500 000 Franken angefragt.

Aus welchen Branchen stammen die Kreditgesuche vor allem?

Stark betroffen sind der Tourismus, die Transport- und Gastrobranche wie auch Firmen mit internationalen Lieferketten sowie kleine Betriebe wie beispielsweise Coiffeursalons. Wie speditiv läuft die Kreditgewährung? Dies hängt vom Einzelfall ab. Anträge bestehender Kunden bis zu 500 000 Franken können innerhalb von 30 Minuten bearbeitet werden. Bei Anträgen von über 500 000 Franken dauert die Bearbeitung länger.

Wie viele Gesuche müssen abgelehnt werden und weshalb?

Die lokale Verankerung der 229 Raiffeisenbanken ist von grossem Vorteil – wir kennen unsere Kunden sehr gut. Stand heute erfolgt bei etwa 10 Prozent aller eingegangenen Anträge eine Rücksprache mit dem Einreicher. Das kann aufgrund fehlender Angaben, einer Schnellplausibilisierung oder aus formellen Gründen sein.

Inwieweit, denken Sie, kommen die Firmen über die Runden oder müssen trotz Kredit aufgeben?

Dank der Kredite reicht die Liquidität der meisten Firmen für die nächsten sechs bis acht Wochen. Es ist entscheidend, wie schnell die Wirtschaft wieder in den Normalbetrieb findet.

Mit welchen Ausfallraten bei den Krediten rechnen Sie?

Raiffeisen verfügt über ein sehr stabiles, weitgehend durch Sicherheiten gedecktes Kreditportfolio. Das Ausmass abzuschätzen, ist im aktuellen Umfeld schwierig und abhängig von der Dauer dieser Situation. Die Massnahmen des Bundes und der Kantone zur Unterstützung unserer KMU spielen eine wichtige Rolle.

Welche anderen Hilfsangebote gibt es seitens Raiffeisen?

Im März hat Raiffeisen bis zum Start des Garantieprogramms des Bundes eine Soforthilfe von 100 Millionen Franken für KMU bereitgestellt. Wir engagieren uns bei zahlreichen kantonalen oder lokalen Initiativen und Hilfsprogrammen. Ausserdem haben wir unsere Crowdfunding-Plattform temporär auch für Schweizer KMU geöffnet. Diese können Lokalhelden.ch kostenlos nutzen, um Wertgutscheine zu verkaufen oder Spenden zu sammeln. Damit bieten wir eine weitere Möglichkeit, unkompliziert und rasch an zusätzliche Liquidität zu gelangen.

Mit welchen Fragen kommen Privatkunden zu Raiffeisen?

Gefragt sind zurzeit vor allem Informationen zu digitalen Zahlungsmitteln und zum Thema Anlegen.

Und was raten Sie Anlegern?

Grundsätzlich sollten Anleger in diesen volatilen Zeiten Ruhe bewahren und an der langfristigen Anlagestrategie festhalten. Wichtig ist zudem eine breite Diversifikation der Anlagen. Aufgrund der starken Börsenkorrektur dürfte in vielen Portfolios die Aktienquote mittlerweile unter der langfristigen Zielquote liegen. Daher sollten nun gestaffelte Aktienkäufe ins Auge gefasst werden. Der Fokus sollte dabei auf der hohen Qualität der Einzelanlagen liegen: Unternehmen mit einer guten Marktstellung sowie soliden Bilanzen werden letztlich gestärkt aus dieser Krise hervorgehen.

Inwieweit ist persönliche Beratung bei Raiffeisen in dieser Zeit noch möglich?

Uns ist es wichtig, gerade in schwierigen Zeiten ein verlässlicher Partner für unsere Kunden zu sein. Deshalb bleiben wir auch für persönliche Gespräche erreichbar. Aktuell werden viele Beratungs- oder Austauschgespräche telefonisch geführt.

Inwieweit kann Corona geeignet sein, das Bargeld schneller zum Verschwinden zu bringen oder zumindest seine Nutzung dauerhaft stärker einzuschränken?

Seit Beginn des Lockdowns spüren wir einen Rückgang des Bargeldbedarfs. Trotzdem rechne ich damit, dass das Bargeld auch nach dieser ausserordentlichen Situation ein wichtiges Zahlungsmittel bleibt. Alternativen wie Contactless-Karten oder Twint zeigen aber klar auf, wohin der Trend geht.

Wie stellen Sie Ihr persönliches Wohlbefinden sicher in Corona-Zeiten?

Ich schaue, dass ich zwischendurch für einen Spaziergang an die frische Luft komme. Interview: Thomas Griesser Kym

Erst TKB, nun Raiffeisen

Als Nachfolger Patrik Gisels ist Heinz Huber seit 7. Januar 2019 Vorsitzender der Geschäftsleitung von Raiffeisen Schweiz. Davor war Huber seit 2007 Mitglied und seit 2014 Vorsitzender der Geschäftsleitung der Thurgauer Kantonalbank. (T.G.)