Schluss mit ungleicher Behandlung: Ab dieser Saison gilt weltweit ein einheitliches System zur Berechnung des Handicaps. Wir zeigen, was sich für Golferinnen und Golfer in der Schweiz ändert und was nicht.
Bisher war klar: Wer bei einem Turnier mehr als 36 Stableford-Punkte erzielt, verbessert sein Handicap. Wer hingegen nicht in die Pufferzone kommt, in welcher sich das Handicap trotz Überspielung nicht verschlechtert, hat danach direkt ein etwas höheres Handicap. Mit dem neuen World Handicap System, kurz WHS, ändert sich die Berechnung. Ab dieser Saison zählt der Durchschnitt der acht besten Resultate. Dabei werden die letzten zwanzig Ergebnisse für die Auswertung berücksichtigt. Gehört das Tagesergebnis nicht zu den acht besten Runden der letzten Zeit, ändert sich das Handicap nicht. «Mit dem neuen System wird der Effekt von einzelnen Ergebnissen geglättet. Das Handicap bietet damit eine gute Aussagefähigkeit über das spielerische Potenzial», sagt Lukas Eisner, der bei Swiss Golf zuständig für das Handicapping ist.
«Das neue Handicap zeigt schneller ein realistisches Bild.»
«Boost» für gute Ergebnisse
Das bisherige Handicap zeigt in erster Linie ein mögliches «Potenzial» an. Dieses wird bei Turnieren aber bekanntlich von sehr vielen Golfern nicht erreicht. Hier zeigt sich einer der grössten Vorteile des neuen, weltweit gültigen Systems. «Bei höheren Vorgaben gehen diese schneller nach unten. Bei anhaltend schlechten Resultaten steigt dann das Handicap schneller an. Das ist sicher sinnvoll, weil das neue Handicap so schneller ein realistisches Bild zeigt», sagt Eisner. Gerade mit zunehmendem Alter sei es schwieriger, das eigene Handicap nur schon zu halten. «Viele wären wohl ehrlicherweise froh um ein realistisches, sprich höheres Handicap, damit steigen auch wieder die Chancen, in einem Turnier oder einer privaten Runde die eigene Vorgabe zu erreichen. » Mit dem neuen System wurde ein Schritt in diese Richtung gemacht. Die Berechnungen des Europäischen Golfverbandes haben ergeben, dass die höheren Handicaps (ab 18) mit dem neuen System eher steigen. Die mittleren bleiben ungefähr gleich und die wirklich tiefen Handicaps dürften noch besser werden. «Das kann natürlich im Einzelfall durchaus anders sein, etwa für einen Spieler, der am Anfang seiner Golferkarriere steht und noch ein relativ hohes Handicap hat», sagt Eisner. Aussergewöhnlich gute Ergebnisse werden im neuen System deutlicher belohnt, dies mit einem sogenannten «Boost». Konkret heisst das, wenn jemand ein Turnier um sieben Schläge besser spielt als sein aktuelles Handicap, werden von diesem Resultat, aber auch von allen anderen Ergebnissen des Spielers, zwei Schläge abgezogen.
«Einzelne schlechte Resultate fallen nicht so sehr ins Gewicht.»
Handicap wird nach oben limitiert
Auf der anderen Seite wird der Anstieg des Handicaps nach oben limitiert. So kann die Spielvorgabe innerhalb von zwölf Monaten maximal um fünf Schläge ansteigen. Je mehr Resultate, desto realitätsnäher und aktueller ist die Spielvorgabe. Neu reicht aber auch schon ein einzelnes 9-Loch-Ergebnis, um ein Handicap zu erhalten. Die Ergebnisse aus den Stableford- oder Strokeplay-Turnieren werden in ein Score Differential umgerechnet. Dabei wird auch die relative Schwierigkeit des Golfplatzes berücksichtigt. Die Score Differentials erscheinen auf dem Stammblatt mit den eigenen Resultaten in einer neuen Spalte. Der Durchschnitt der besten acht Score Differentials aus den letzten zwanzig Resultaten ergibt den neuen Handicap-Index. Dabei spielt es keine Rolle, wann die Turniere oder Extra Day Scores (EDS) stattgefunden haben. Weil für die Berechnung immer die besten acht der letzten zwanzig Ergebnisse berücksichtigt werden, fallen einzelne schlechte Ergebnisse nach zwanzig weiteren Runden ganz aus der Wertung, ohne jemals einen Einfluss gehabt zu haben. Erst bei dauerhaft schlechteren Resultaten steigt das Handicap wieder an. «Weil aber nur die acht besten Resultate zählen, ist es nach wie vor anspruchsvoll, das eigene Handicap zu spielen», sagt Eisner.
Keine «Kategorien» mehr
Beim aktuell gültigen europäischen Handicap-System veränderten sich die Vorgaben je nach Handicap-Kategorie unterschiedlich, und auch die Pufferzone war unterschiedlich geregelt. Im neuen World Handicap System entfallen diese Kategorien. Egal, ob Handicap 54 oder 5,4, für alle gilt die gleiche, einheitliche Berechnung. Und weiterhin gilt: Wer 36 Stableford-Punkte oder mehr erzielt, hat einfach gut gespielt. Eisners Fazit: «Das Handicap sagt nichts über den Menschen aus und wenig über seine golferischen Fähigkeiten. Freuen Sie sich deshalb an guten Resultaten und tollen Schlägen und kümmern Sie sich nicht so sehr um das Handicap.» (pd/pab)
Fragen & Antworten
Was ist ein Handicap?
Das Handicap ist zunächst einmal eine Zahl mit einer Zehntelstelle. Diese Zahl ist Ausdruck der an guten Tagen gezeigten spielerischen Fähigkeiten eines Spielers. Das Handicap ermöglicht es Golfern unterschiedlicher Spielstärke, in einem fairen Wettbewerb gegeneinander zu spielen. Durch das Handicap hat auch der vermeintlich «schwächere» Spieler eine echte Chance, das Match oder Turnier zu gewinnen. Damit ist ein spannender Wettkampf für die Spieler möglich, selbst wenn das Niveau unterschiedlich ist.
Warum ein World Handicap System?
Obwohl es schon lange einheitliche Golfregeln gibt, wurden die Handicaps bis 2019 auf sechs verschiedene Arten gerechnet. Dies hat zu einer ungleichen Behandlung geführt und eine Vergleichbarkeit der Handicaps unmöglich gemacht. Die R&A und die USGA haben deshalb mit den Verbänden ein einheitliches System entwickelt.
Welche Rolle spielt das Course Rating?
Unter Course Rating versteht man die Bewertung der relativen Schwierigkeit eines Golfplatzes. Auf einem schwierigen Platz bekommt ein Spieler mehr Schläge (und damit ein höheres Playing Handicap), auf einem leichteren Platz weniger (und damit ein niedrigeres Playing Handicap). So kann der Golfer stets mit dem korrekten Handicap für einen bestimmten Platz spielen und seine Leistung mit anderen Golfern vergleichen.
Welche Ergebnisse sind handicapwirksam?
Wie bisher gilt, dass ein Ergebnis über 9 oder 18 Löcher erzielt werden kann. Ebenfalls gleich geblieben: Die Ergebnisse aus Teamwettbewerben sind nicht handicapwirksam. Neben den Turnieren zählen auch weiterhin sogenannte Extra Day Scores (EDS). Diese EDS-Runden müssen vorher im Sekretariat angemeldet werden. Das Ergebnis muss gemäss den geltenden Bestimmungen der Handicap-Regeln bestätigt werden.
Und wenn ich im Ausland spiele?
Der Spieler ist dafür verantwortlich, wirksame Ergebnisse seinem Homeclub zu melden. Wenn ein automatischer Datenübertrag möglich ist, muss der Spieler sicherstellen, dass der ausrichtende Club die persönlichen Angaben hat. Nur so kann die korrekte Meldung des Ergebnisses sichergestellt werden. Ist der automatische Ergebnisversand unmöglich, kann der Spieler eine Kopie der Scorekarte oder eine bestätigte Ergebnisliste an den Homeclub übermitteln. (pd/pab)