Irgendwie möchte man hier grad einziehen, so stilvoll und charmant präsentiert sich das «21» an der Bundesstrasse 21 in der Luzerner Neustadt. Das Lokal von Marianne Wilmsmeier und Frederik Labuschagne ist eine spannende Mischung aus einer Werkstatt mit entsprechenden Maschinen, Werkzeugen und Materialien, einem gemütlichen «Wohnzimmer» und einer kleinen Galerie. Die Werkstatt «People’s Factory» hat Marianne Wilmsmeier 2018 gegründet. Seit diesem Jahr bildet die «People’s Factory» unter dem Namen «21» ein Gemeinschaftsprojekt mit «Plant» von Frederik Labuschagne, der vegan kocht.
Werkstatt: Marianne Wilmsmeier veranstaltet Workshops, in denen das handwerkliche und technische Wissen für die Herstellung von schönen Alltagsgegenständen vermittelt wird. Dabei steht die Freude im Fokus, denn diese setzt neue Energien frei.
Am riesigen Holztisch finden zwölf Menschen Platz zum werken oder essen. Grosse Fenster versorgen die vielen Grünpflanzen mit Licht. Auch die Wände und ein Teil der Möbel wirken in beruhigendem Dunkelgrün. Da steht eine Tischdose, dort eine Schüssel – und Objekte aus Leder und Holz beweisen: Hier wird kreativ gearbeitet.
Haptisches Erlebnis und mehr Freude
Marianne Wilmsmeier will Menschen dazu einladen, schöne und nützliche Dinge selber herzustellen und die dazu notwendigen Maschinen und Handgriffe bei ihr zu erlernen. Sie habe festgestellt, dass die Gesellschaft suggeriere, viel Materielles sei erstrebenswert, schenke Glück und Freude. «Unser Konsumverhalten setzt Stress frei und saugt uns Energie ab. Wenn wir persönliche Gegenstände selber herstellen, gibt uns dies ein haptisches Erlebnis und mehr Freude, als wenn wir sie im Geschäft kaufen.» Sie fasst den Kreislauf zusammen: «Machen, was man liebt – und lieben, was man macht.»
Die Betriebswirtin ist begeistert von Technik. Im Atelier stehen ein 3D Drucker, ein Lasercutter und ein CNC Fräser. «Grössere Maschinen haben hier leider keinen Platz», lacht sie. Ihr Ziel sei es, Maschinen, Tools und Prozesse so weiter zu entwickeln, dass Produktionen einfacher werden. «Ich tüftle so lange, bis ein Tool oder ein Prozess so simpel wie möglich wird. Das inspiriert mich – und die Workshop-Teilnehmer.»
Nicht jeder Werkstoff ist sortenrein
Energieressourcen zu sparen ist der Luzernerin wichtig. «Urban Mining», also das Konzept, Wertstoffe wieder dem Stoffkreislauf zuzuführen, ist für sie nichts Neues. «Ich würde mir wünschen, mehr Zugang zu wiederverwertbarem Material zu haben. Denn meinen Maschinen ist es egal, was sie bearbeiten. Doch nicht jeder Werkstoff ist hygienisch und sortenrein.»
Womit wurde das Holz behandelt, welche Klebereste gibt es, welche Stoffe wurden miteinander verbunden sind dabei zentrale Fragen. Zum Glück gilt dies nicht für Holz, Filz, Beton, Leder, Wolle, Glas, Sojawachs und Papier: Daraus lassen sich in der «People’s Factory» tolle Dinge zaubern wie etwa ein Etui, eine Vorratsdose, ein Aufstreich-Messer oder eine Vase. «Gerne experimentiere ich auch und verbinde zwei Materialien wie etwa Beton und Papier», verrät Marianne Wilmsmeier. Yvonne Imbach
Zur Person:
Marianne Wilmsmeier (50) ist Kauffrau, Freigeist und Gründerin der «People’s Factory». Aufgewachsen ist sie bei Friedrichshafen am Bodensee, seit acht Jahren lebt sie mit Mann und Hund in der Schweiz. Nach der Ausbildung zur Bankkauffrau und einem Wirtschaftsstudium war sie fast zwanzig Jahre in der Wirtschaft tätig. Dann stieg sie aus und widmete sich ihrem Herzensprojekt: durch die «People’s Factory» den Menschen neue Möglichkeiten zu geben, ihren Alltag persönlicher, unabhängiger und schöner zu gestalten. Sobald es die Corona-Massnahmen zulassen, sind neue Workshops buchbar unter www.peoplesfactory.com