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Eine Prise Pfeffer zu viel

Eine Prise Pfeffer zu viel

Edler Cruiser? Kompromissloser Sportwagen? Der BMW M8 Competition Cabriolet versucht, beides zu sein. Bild: BMW

3,3 Sekunden. Wer es eilig hat, kann in diesen paar Wimpernschlägen aus dem Stand auf Tempo 100 beschleunigen, während sich Usain Bolt an der Startlinie noch die Schuhe bindet. 3,3 Sekunden – ein Wahnsinnswert. Gut, ein Formel-1-Bolide ist in dieser Zeit bereits doppelt so schnell, während man in einem herkömmlichen Kleinwagen höchstens vom ersten in den zweiten Gang gewechselt hat. Im BMW M8 Competition Cabriolet erlebt man diesen Wahnsinnsspurt in einem luxuriösen Ambiente aus Lack und Leder in einer unaufgeregten Art und Weise. Ein surreales Erlebnis.  Brachiale FahrleistungDie 8er-Reihe von BMW stellt die Spitze der Modellpalette der Bayern dar, und sie tut das in eindrücklicher Manier. Bereits vor einigen Monaten fuhren wir den M850i als Coupé, und wir waren des Lobes voll. Nun also tritt die Topvariante M8 Competition zum Test an, und zwar als Cabriolet. Ein gleich doppelter Widerspruch, der sich auch in zwei Wochen Testbetrieb nicht auflösen wird: Erstens ist der 8er ein Gran Turismo, ein Cruiser, ein luxuriöser Zweitürer – da passt die Aufmachung als Hardcore-Sportler nicht. Zweitens kann ein Cabriolet konstruktionsbedingt nicht als sportliche Topversion herhalten, weil das fehlende Dach Steifigkeit und Stabilität raubt, weil das aufwendige Verdeck zusätzliches Gewicht bedeutet.   

Mehr ist besser, sagt man. Im Falle des BMW 8er trifft das aber nicht zu: Die sportliche Topversion M8 Competition Cabriolet schiesst über das Ziel hinaus.

Um es klar festzuhalten: Der M8 Competition Cabriolet ist ein eindrückliches Auto, wegen der schieren Power, die der 4,4-Liter-V8-Biturbo-Benziner generiert, wegen der brachialen Fahrleistungen, wegen des imponierenden Fahrverhaltens in schneller Kurvenfahrt. Festzuhalten ist aber auch, dass die M-Version eine Prise zu viel des Guten ist.

Während die Version M850i sehr harmonisch zu Werke geht, sowohl in der Kraftentfaltung als auch beim Handling und beim Abrollen, und mit 530 PS mehr als ausreichend Kraft zur Verfügung stellt, agiert der M8 Competition mit seinen 625 PS hart und gnadenlos. Das Fahrwerk gibt die Rückmeldung von der Strasse nur wenig gefiltert an die Passagiere weiter, selbst im Komfortmodus. Das Getriebe lässt den Achtzylinder gerne hochdrehen, auch im alltäglichen Strassenverkehr. Der Motor hängt sehr direkt am Gas, auch beim gemütlichen Ausfahren über Land.

Zwei Welten

Das ist nun Jammern auf sehr hohem Niveau, doch bei einem Basispreis von 210 900 Franken und einem Testwagenpreis von 254 590 Franken darf man ruhig gewisse Ansprüche stellen. Natürlich ist der 8er ein sehr feines Auto. Wer ein grosses, sportliches Cabriolet sucht, wird an dem Schmuckstück aus Bayern nicht vorbeikommen – doch die Varianten M850i oder 840d tun es auch. Sie sind günstiger, verbrauchen weniger und fahren sich angenehmer. Es sind zwei Welten, die im M8 Competition Cabriolet aufeinanderprallen, und genau hier liegt der Hase im Pfeffer: Ein luxuriöses, fast fünf Meter langes Cabriolet will ein gediegenes Auto zum Flanieren sein, ein Cruiser, elegant und kultiviert.

Von einem M8 Competition aber erwartet man Rennstrecken-Performance, ein knüppelhartes Fahrwerk und Features wie ein Sportgetriebe oder Karbonbremsen. Das alles unter einen Hut zu bringen, gelingt nicht einmal BMW restlos, den Hohepriestern der Fahrfreude. Dave Schneider