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Batterien in der Frischzellenkur

Batterien in der Frischzellenkur

Mercedes-Benz-Batterieexperte Andreas Hintennach glaubt an die Zukunft der Lithium-Ionen-Batterien. Bild: PD

Andreas Hintennach ist Professor, Doktor der Chemie und der Medizin. Seit 2011 ist er bei Mercedes-Benz in der Batterieforschung tätig. Diese Zeit umschreibt er so: «Früher habe ich auf die Batteriezellen geschaut, heute habe ich das gesamte Auto im Blick. Es geht immer darum, das optimale Gesamtpaket zu schaffen.» Entsprechend ist die Sicht auf seinen Konzern: «Mein Team und ich sind die Schnittstelle zwischen Vorentwicklung und Entwicklung. Wir sind verantwortlich für das Wissensmanagement, also unser Wissen zu teilen und im Unternehmen verfügbar zu machen.»  Der erst 35-jährige Batterieexperte ist überzeugt davon, dass der Lithium-Ionen-Akku noch viel Entwicklungspotenzial hat. Obwohl der Zellaufbau immer ähnlich ist – egal, ob im Smartphone oder in der EV-Batterie –, gibt es immer zwei Metallfolien – zum Beispiel Kupfer und Aluminium. Dazwischen befinden sich mit Kathode und Anode die Pole, zwischen denen die elektrische Reaktion abläuft. Ausserdem braucht es ein so reaktionsfreudiges Metall wie Lithium. Kostenseitig sei es vor allem die Zusammensetzung der Kathode, die noch Sorgen bereite, sagt Hintennach. «Sie besteht derzeit noch aus einer Mischung von Nickel, Mangan und Kobalt. Für die Anode werden Graphit, Lithium, Elektrolyten und ein Separator benötigt.»Viel OptimierungspotenzialNatürlich weiss Hintennach auch genau, wo die Autobatterie in den nächsten Jahren verbessert werden muss und kann. Bei der Optimierung der Energiedichte, die dann direkt zu vergrösserter Reichweite führt, rechnet er mit neuen Materialien wie etwas Silizium, das auf der Anodenseite Graphit ersetzen könnte. Dadurch würde der Einsatz von Kathodenmaterialien ermöglicht, die sich mit dem heute noch eingesetzten Graphit nicht vertragen. Ausserdem ermöglicht Silizium eine Erhöhung der Ladegeschwindigkeit – was im Elektroauto-Alltag von zentraler Bedeutung ist.  

Die Akkus der Elektroautos werden in Zukunft effizienter, schneller aufladbar und günstiger sein. Denn in den Zellen der Lithium-Ionen-Batterien kommen neue Materialien zum Einsatz.

Zudem arbeiten Batterieentwickler kontinuierlich daran, den Kobaltanteil im Aktivmaterial zu verringern. Laut Hintennach konnte dieser Anteil in jüngster Vergangenheit von etwa einem Drittel auf weniger als 20 Prozent verringert werden. Als Ziel gilt der vollständige Verzicht auf den Rohstoff Kobalt, der ja aus politischer, ökologischer und technischer Sicht problematisch ist. Ökologisch weniger bedenklich ist Mangan, das künftig in grösseren Beimischungen verwendet werden könnte.

Bis 2039 will Mercedes in der Produktion grosse CO2-Einsparungen erreichen. Dazu dienen auch Recyclingprogramme, damit die bei der Herstellung der Batterien eingesetzten Rohstoffe wieder in den Produktionskreislauf zurückgeführt werden können. Ein Markt für Sekundärrohstoffe muss sich jedoch erst aufbauen, da Elektroautos noch nicht lange in grösserer Anzahl in Betrieb sind. «In acht bis zehn Jahren wird es eine nennenswerte Anzahl von Fahrzeugbatterien für das Recycling geben. Dann werden vor allem Kobalt, Nickel, Kupfer und später auch Silizium zurückgeführt », sagt Hintennach. Und ergänzt: «Letztlich ist Elektromobilität auch nur dann wirklich nachhaltig, wenn die Rohstoffe unter nachhaltigen Bedingungen abgebaut werden.»

Selbstverständlich steht auch die Frage im Raum, wie es denn nach der Lithium-Ionen-Ära weitergehen wird. Als Alternative sieht der Daimler-Experte die Lithium-Schwefel-Batterie. Schwefel sei ein Abfallprodukt der Industrie, das fast nichts koste, sehr rein sei und sich gut rezyklieren lasse, erklärt er. Zwar seien grosse Herausforderungen bei der Energiedichte zu bewältigen, doch weise diese Technologie eine unschlagbare Ökobilanz auf.

Feststoffbatterie in Erprobung

Bis die Lithium-Schwefel-Batterie für Personenwagen verfügbar sei, dürfte es noch rund zehn Jahre dauern. Noch weiter in der Zukunft – nach Hintennachs Schätzung rund 15 Jahre – liegt die Serienreife von Lithium-Luft-Systemen. Ganz ohne Lithium könnte es mit der Magnesium-Schwefel-Batterie weitergehen. Magnesium kennt man aus dem Alltag in Form von Kalk. Das Leichtmetall ist quasi beliebig verfügbar. Allerdings befindet sich die Forschung im Moment noch auf Laborniveau.

Ebenfalls noch mehrere Jahre von der Serienreife entfernt ist die Feststoffbatterie, die Mercedes-Benz schon ab Mitte dieses Jahres versuchsweise im Stadtbus eCitaro einsetzt. «Diese Batterie hat eine sehr hohe Lebensdauer und enthält zudem weder Kobalt noch Nickel oder Mangan. Allerdings ist sie weniger energiedicht, daher relativ gross und zudem nicht schnell aufladbar», gibt Hintennach zu bedenken. Deshalb sei sie vorläufig zwar für Nutzfahrzeuge einsetzbar, für Personenwagen aber noch ungeeignet. Das gilt leider auch noch für Graphen- basierte, metallfreie Batteriesysteme mit wasserbasiertem Elektrolyt. «Sie sind noch meilenweit entfernt». Frank Zauri

Der Realverbrauch nähert sich den Werksangaben an

Die meisten Autofahrer kennen das: Der im Alltag erzielte Durchschnittsverbrauch liegt deutlich über dem im Verkaufsprospekt ausgewiesenen Wert. Das hat sich inzwischen aber geändert, wie ein Test des TCS aufzeigt: Lag der Realverbrauch in den Messreihen zwischen 2014 und 2017 noch um 1,6 bis 1,8 Liter pro 100 Kilometer höher als die Werksangaben, beträgt die Differenz heute noch 0,3 Liter. Das liegt an dem geänderten Messverfahren: Seit Anfang Jahr müssen die Verbrauchsangaben von Neuwagen mit dem neuen Messverfahren WLTP (Worldwide Light-Duty Test Procedure) ermittelt werden. Diese werden zwar wie die 1996 eingeführten und inzwischen veralteten NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) ebenfalls im Labor auf einem Rollenprüfstand durchgeführt, doch dank eines realistischeren Fahrprofils weichen die Werte im Vergleich zum Verbrauch im Alltag nicht mehr so stark ab.

Die WLTP-Messungen weisen eine etwa doppelt so lange Messstrecke, eine deutlich dynamischere Fahrweise, eine längere Messdauer sowie höhere Durchschnitts- und Höchstgeschwindigkeiten auf. Diese entsprechen gemäss TCS in etwa der Realität auf unseren Strassen und ergeben für die Werksangaben einen höheren Treibstoffbeziehungsweise Stromverbrauch als das NEFZ-Messverfahren. Darüber hinaus wird der Einfluss der Aerodynamik und möglicher Zusatzausstattungen auf den Treibstoffverbrauch stärker berücksichtigt. Das Fahrzeug darf auch nicht mehr für den Test optimiert werden, etwa durch schmalere Reifen oder fehlende Ausstattung. Damit stellt sich der gewünschte Effekt ein: Die Tests zeigen, dass sich die Werksangaben nach WLTP deutlich dem effektiven Verbrauch auf der Strasse angleichen. Mit einer besonders umweltbewussten Fahrweise seien die Werksangaben mittlerweile in der Realität erreichbar. (lab)