In der unteren Mittelklasse ist das Angebot an SUV mit Plug-in-Hybridantrieb überschaubar: Mini Countryman, Hyundai Kona oder Renault Captur finden da ihren Weg von der Steckdose auf die Strasse. Was die kleinen Angebote in Offroad-Optik vereint: Sie sind praktisch, hochbeinig, modisch – aber keinesfalls für raues Gelände geeignet. Anders bei Jeep: Dort müssen sich die Modelle das Prädikat «Trail rated» verdienen, bevor sie zu den Kunden kommen. 60 Grad steile Schotterpisten hoch und runter, durch fast einen halben Meter tiefe Wasserlöcher, über 20 Zentimeter hohe Felsbrocken oder 30 Grad steile Böschungswinkel klettern – nur wer so was schafft, bekommt von der amerikanischen Fiat-Tochter das Geländesiegel. Mit Renegade und Compass sind nun auch erstmals zwei Plug-in-Hybride dieser Grössenklasse dabei. Beim Test auf dem Fiat-Gelände im norditalienischen Balocco beweisen die kompakten Schwestermodelle in der Trailhawk-Ausstattung ihre Fähigkeiten abseits befestigter Wege. Per «Selec-Terrain»-System können Fahrer bis zu fünf verschiedene Betriebsmodi für den Antrieb und das Fahrwerk wählen. Im Modus «4WD-Sperre» wird bis 15 Kilometer pro Stunde im Gelände ein permanenter Allradantrieb aktiviert – an der Hinterachse über den 60-PS-Elektromotor. Der Modus «4WD Low» kann dabei mithilfe des E-Motors sogar ein Untersetzungsgetriebe simulieren.
Mit Jeep Renegade und Compass baut der FCA-Konzern erstmals Plug-in-Hybrid-Modelle, die sich abseits der Strasse bewähren. Damit wollen die Macher von Fiat und Chrysler und deren Tochtermarken eine Aufholjagd bei den elektrischen Fahrzeugen einläuten.
Nervig viele Tankpausen nötig
Solche Aufmerksamkeit durch Matsch und Fels-Spektakel können die beiden Jeeps auch gebrauchen. Denn zum einen erfolgt der Einstieg in die Plug-in-Hybridfahrzeuge im FCA-Konzern reichlich spät. Zum anderen sind die Jeeps bereits seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts am Markt – also eigentlich eher im Herbst ihres Modelllebens. Doch sie wurden konstant verbessert: In zwei grossen Überarbeitungen hat FCA schon vor der Elektrifizierung Design, Elektronik, Verarbeitung und Assistenzsysteme aufgewertet. So sind etwa bei den Plug-Ins serienmässig Abstands-Tempomat, volle Smartphone-Anbindung, 8,4-Zoll-Touchscreen oder Totwinkelwarner an Bord.
Allzu sportlich sollten die Fahrer aber nicht unterwegs sein. Zum einen wegen der sehr leichtgängigen Lenkung, die nicht zum Kurvenräubern einlädt. Vor allem aber wegen der dann nervig vielen Tankpausen. Und die haben auch mit dem Antrieb zu tun: Die elf Kilowattstunden-Akkus unter dem Mittelstrang sorgen nämlich allein für weniger als 50 Kilometer Reichweite, und der um ein Viertel verkleinerte Tank mit seinen 36,5 Litern ist beim sportlichen Fahren überraschend schnell leergefahren.
Die paradiesischen zwei Liter Normverbrauch laut Testnorm sind wie bei allen Plug-in-Hybriden kaum erreichbar. Auf rund 100 Kilometern Testfahrt über Autobahn, Landstrassen und durch Städte genehmigte sich der Renegade PHEV zwar weniger als fünf Liter – aber da unterstützte auch noch der zuvor vollgeladene Akku. Ist dieser leer, gewährleistet er zwar die Allrad-Fähigkeiten, für den Vortrieb muss dann allerdings allein der Benziner sorgen, und dann dürften auch bei zurückhaltender Fahrweise schnell Verbräuche von über sieben Litern fällig sein. Natürlich ist aber für den Kurzstreckenpendler mit der Steckdose daheim oder am Arbeitsplatz auch der komplett elektrische Fahrbetrieb möglich. Bei Renegade und Compass sollten Interessenten sich also Gedanken über ihr normales Fahrverhalten und die jeweiligen Ladegegebenheiten machen.
FCA hat bald Zugriff auf PSA-Elektro-Plattformen
Apropos laden: Für 550 Franken bietet Jeep auch eine Wallbox an, mit der die Plug-Ins an der Haushaltssteckdose oder einem Starkstromanschluss geladen werden können. Das dauert zwischen drei und eineinhalb Stunden – für Pendler also ideal. Unterwegs ist Aufladen mit bis zu 7,2 kW drin, das Kabel dafür kostet aber extra. Die drei Fahrmodi Electric, Hybrid- oder e-Save können beim Sparen helfen: Der Letzte erhält den Ladezustand der Batterie bestmöglich, etwa um in der Innenstadt noch Saft für den vollelektrischen Betrieb bereitzustellen.
FCA ist auf dem Markt noch ein Newcomer beim elektrischen Fahren. Nach Renegade und Compass soll es da aber nun flotter vorangehen: Noch vor Ende des Jahres folgt mit dem neuen Fiat 500e das erste vollelektrische Modell. Im Herbst läuft die Produktion des leichten Nutzfahrzeugs Ducato mit E-Antrieb an. Und Anfang 2021 verspricht Europachefin Antonella Bruno eine «richtige Welle an neuen elektrisch angetriebenen Fahrzeugen in allen Segmenten ». Denn durch die Fusion von FCA mit PSA haben die Italiener bald Zugriff auf die Plattformen von Peugeot, Citroën und Opel.
Peter Weissenberg
Jeep Renegade 4xe
Modell: Kompakt-SUV
Masse: Länge 4,26 Meter, Breite 1,81 Meter, Höhe 1,70 Meter, Radstand 2,57 Meter
Kofferraum: 333 bis 1277 Liter
Antriebe: 1,3-Liter-Benziner mit 132 oder 180 PS, Elektromotor mit 44 kW (60 PS) an der Hinterachse, Systemleistung 190 oder 240 PS
Fahrleistungen: Von 0 auf 100 km/h in 7,1 oder 7,5 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 182 oder 199 km/h
Elektrische Reichweite (WLTP): 43 bis 44 Kilometer
Verbrauch (WLTP): 2,1 bis 2,3 Liter auf 100 Kilometer
CO2-Ausstoss (WLTP): 49 bis 52 Gramm pro Kilometer Preis: Ab 39 900 Franken
Jeep Compass 4xe
Modell: Kompakt-SUV
Masse: Länge 4,39 Meter, Breite 1,82 Meter, Höhe 1,63 Meter, Radstand 2,64 Meter
Kofferraum: 438 bis 1387 Liter
Antriebe: 1,3-Liter-Benziner mit 132 oder 180 PS, Elektromotor mit 44 kW (60 PS) an der Hinterachse, Systemleistung 190 oder 240 PS.
Fahrleistungen: Von 0 auf 100 km/h in 7,3 oder 7,9 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 183 oder 200 km/h
Elektrische Reichweite (WLTP): 42 bis 46 Kilometer
Verbrauch (WLTP): 2,1 Liter auf 100 Kilometer
CO2-Ausstoss (WLTP): 47 bis 49 Gramm pro Kilometer
Preis: Ab 44 900 Franken