Mit schweizweit über 300000 Beschäftigten ist der Detailhandel einer der grössten Arbeitgeber in der Schweiz. Die Branche ist aber nicht nur in puncto Arbeitsplätze wichtig, sondern nimmt auch eine zentrale Rolle für das Funktionieren unserer Gesellschaft ein. Dies zeigte sich nicht zuletzt während der Corona-Pandemie. Gleichzeitig ist kaum eine Branche durch die Corona-Massnahmen stärker durchgerüttelt worden. Die Massnahmen des Bundesrates führten zu vorübergehenden Ladenschliessungen und abgedeckten Regalen bei den Grossverteilern.Non-Food-Segment hat besonders gelittenDie Massnahmen haben aber nicht alle Segmente gleichermassen getroffen. Während der Food-Detailhandel im vergangene Jahr stark profitieren konnte, brachen die Umsätze der meisten Non-Food-Bereiche infolge der Lockdowns ein. Das zeigt die jährlich erscheinende Studie «Retail Outlook», die von der Credit Suisse in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen Fuhrer & Hotz herausgegeben wird. Felix Lengwiler, Rektor des BZ-Arbon, welches jedes Jahr rund400bis 450 Lernende im Detailhandel ausbildet, sieht die Entwicklungen im Krisenjahr differenziert. «Gerade kleinere Läden auf dem Land haben in der Krise eher profitieren können, weil wieder vermehrt im eigenen Wohnort eingekauft wurde», sagt Lengwiler. Es könne durchaus sein, dass diese Geschäfte auch langfristig auf der Gewinnerseite stehen, weil die Bindung zu den Kunden intensiviert werden konnte.«An Bahnhöfen und anderen normalerweise stark frequentierten Orten hingegen gab es aufgrund des veränderten Mobilitätsverhaltens massive Umsatzeinbussen. Falls die Homeoffice-Anteile weiter hoch bleiben, kann das auch langfristig Folgen haben.» Für eine Prognose sei die Lage aber momentan zu unsicher.Der Detailhandel setzt auf OnlineSicher ist hingegen, dass die Entwicklungen im Corona-Jahr 2020 viele Händler dazu veranlasst haben, die Digitalisierung voranzutreiben.«Die Krise hat in diesem Bereich wie ein Katalysator für die schon länger laufende Trends hin zu Onlineshops auch für kleinere Geschäfte und digitale Marketingstrategien gewirkt», sagt Lengwiler. Eine Studie des Forschungszentrums für Handelsmanagement der Universität St. Gallen bestätigt diesen Eindruck. Rund zwei Drittel der befragten Unternehmen gaben an, die Corona-Krise habe die Digitalisierung im Unternehmen deutlich beschleunigt. Die Hälfte der befragten Unternehmen baute in dieser Zeit digitale Vermarktungskanäle aus. Werbung über Google oder soziale Medien habe an Bedeutung gewonnen. Über ein Viertel der Befragten bauten ihre Onlineshops aus, rund fünf Prozent richteten aufgrund der Pandemie erstmals einen Webshop ein. Auch Abhol- oder Heimlieferdienste wurden gemäss HSG-Studie in ähnlichem Masse eingeführt und ausgebaut. Die Studie zeigt auch, dass rund ein Drittel der befragten Unternehmen eine Chance darin sieht, die Digitalisierung weiter voranzutreiben.Grundbildung mit Schwerpunkt OnlineshopsDass sich eine starke Onlinepräsenz lohnt, zeigt die Entwicklung des Onlinehandels. Dieser hat von der Corona-Krise stark profitiert. Treiber dieser Entwicklung war neben den Schliessungen von stationären Non-Food-Geschäften auch die Tatsache, dass viele Neukunden während der Pandemie positive Erfahrungen mit Onlineshopping gemacht haben. Eine starke Onlinepräsenz wird so auch für kleinere Händler immer wichtiger. Dieser Entwicklung wird nun auch in der beruflichen Grundbildung Rechnung getragen. Ab Lehrbeginn im Sommer 2022 können angehende Detailhandelsfachleute EFZ zwischen den Schwerpunkten «Betreuen von Onlineshops»und«Gestalten von Einkaufserlebnissen» wählen. Im Schwerpunkt «Onlineshops » wird vermittelt, wie das Kundenverhalten in Onlineshops untersucht werden kann und wie die Analyseergebnisse danach aufbereitet und für Vorschläge bezüglich Preis- und Sortimentsanpassungen genutzt werden können. Weiter wird vermittelt, wie Shopinhalte verbessert werden können und der Erfolg dieser Massnahmen überwacht werden kann. «Mit den neuen Schwerpunkten wird die Lehre im Detailhandel vielfältiger und interdisziplinärer», sagt Lengwiler.«DieReform ist ein Schritt in die richtige Richtung und macht die Ausbildung im Detailhandel attraktiver.» Patrick Baumann