Wir stehen in ständigem Austausch mit unseren Mitmenschen: Wir knüpfen Kontakte, wir stellen uns vor, wir verabreden uns. Das daraus entstehende Geflecht aus Gesichtern und Namen ist unser Netzwerk. Markus Kühne, Karriereberater und Geschäftsführer des Netzwerkplattformanbieters Talentwerk AG, kennt die Vorzüge: «Unser Netzwerk kann uns Tür und Tor öffnen», sagt er. Ob bei einem Bewerbungsgespräch, auf Wohnungssuche oder für Konzerttickets: Die richtigen Menschen in der richtigen Position zu kennen, kann grosse Vorteile im Leben bringen. «Das sogenannte Vitamin B nutzen, um beruflich voranzukommen, ist in den meisten Branchen ein sehr wichtiger Faktor», sagt Kühne.Wie «netzwerke» ich richtig?Die gute Nachricht: Netzwerken ist lernbar. «Ich war nicht immer ein guter Netzwerker», sagt der Karriereberater. «Anfang meiner Zwanziger fand ich es schwierig, auf fremde Menschen zuzugehen.» Mit zunehmender Lebenserfahrung und Erfolgserlebnissen fasse der Mensch aber Vertrauen in sich und seine Fähigkeiten, finde Selbstsicherheit. «Über mein Netzwerk habe ich von Jobs erfahren und wurde für Stellen empfohlen.» Nachfolgend seine wesentlichen Punkte.Wo treffe ich die richtigen Menschen?Ein zentraler Teil des Netzwerkens – besonders in Zeiten der Corona-Pandemie – findet im digitalen Raum statt. «Networking-Plattformen sind eine einfache Möglichkeit für introvertierte oder schüchterne Personen, einen Erstkontakt aufzubauen», sagt Kühne. Auch Weiterbildungen eignen sich hervorragend, um das karrierefördernde Netzwerk zu erweitern. «Einerseits kann man in Weiterbildungen sein Wissen auffrischen und ein Diplom erwerben, doch ebenso zentral ist der Kontakt zu anderen Kursteilnehmenden und Dozierenden», sagt der Karriereberater.Branchenspezifische oder regionale Netzwerke, Aktivitäten in Verbänden, Parteien, Business Clubs, Fachmessen oder Alumni-Organisationen bieten vielversprechende Möglichkeiten, mit den richtigen Personen in Kontakt zu treten. Da viele Networking-Events im Frühjahr wegen der Corona-Pandemie abgesagt oder verschoben werden mussten, finden einige nun online statt. «Digitale Events sind effizient, doch für mich ist der persönliche Kontakt der wertvollste Austausch beim Netzwerken», sagt Markus Kühne.Unternehmen in der PflichtEin wichtiges Erfolgselement der Talentwerk-Plattformen ist die Datenhoheit – die Informationen gehören dem Kunden und werden nicht an Dritte weitergegeben. Google, Facebook und Apple hätten bereits früh erkannt, wie wertvoll Daten seien. «Klar können Ehemalige einer Universität zum Beispiel über «LinkedIn» in Kontakt bleiben, aber dann geben die Unternehmen ihre Daten aus der Hand», sagt Kühne. Deshalb sollten sie ihre Informationen selbst nutzen und den Kontakt zu ihren Absolvierenden aktiv pflegen.Besonders Hochschulen und Weiterbildungsanbieter sässen auf einem riesigen Repertoire an Daten. «Das Potenzial dieser grossen Netzwerke liegt in der Schweiz oft brach», sagt Kühne. Indem Hochschulen ihre Alumni beispielsweise regelmässig auf Aktivitäten wie Netzwerkevents, interessante Studien oder Workshops aufmerksam machen, bleiben diese weiter mit der Organisation verbunden. «Auch Unternehmen sollten das Potenzial ehemaliger Mitarbeitender noch viel mehr nutzen», sagt der Experte. Zumal nicht immer ein grosser Ressourceneinsatz vonnöten sei, um diese Netzwerke ins Leben zu rufen. Angebote in Form von Einladungen an Firmenfeste könnten einen ebenso wirkungsvollen Effekt erzielen.Wer sich authentisch und sympathisch positioniert und echtes Interesse am Gegenüber zeigt, der kann im Austausch mit seinen Mitmenschen kaum etwas falsch machen. Ist der erste Kontakt geknüpft, kann aus dem Austausch ein Vertrauen entstehen. Und wenn daraus noch ein Jobangebot oder ein neuer Auftrag resultiert, macht das Netzwerken gleich doppelt Freude.Anna Dieckmann
Die richtige Person in der richtigen Position zu kennen, ist in vielen Branchen ausschlaggebend. Karriereberater Markus Kühne enthüllt seine Tipps und Tricks rund um den Wert von Daten, Kontakteknüpfen und das digitale Netzwerken.
Networking-Anlässe in der Ostschweiz
• Sprungbrett-Event Ostschweiz (www.together.ch): Talent-Apéro und Unternehmensbesichtigung
• Ostschweizer Fachhochschule (www.ost.ch): Networking-Talks via Livestream
• Sprungbrett ins Berufsleben (Pädagogische Hochschule Thurgau, www.phtg.ch)
Angebot der Universitäten:
• Universität St. Gallen (HSG Career): HSG Career Days, HSG Banking Days, Beratung und Workshops
• Universität Zürich (Career Services): Long Night of Careers, Events, Training, Beratung
• ETH (Career Center): Karriereveranstaltungen, Firmenmessen, Beratung und Workshops
Person
Markus Kühne ist Geschäftsführer und Teil des Gründerteams von Talentwerk. Das St. Galler Start-up-Unternehmen Talentwerk hat digitale Netzwerkplattformen für Hochschulen, Verbände und Alumni-Organisationen entwickelt. Ziel der Plattformen ist es, Unternehmen, Verbände oder Ausbildungsstätten eine digitale Lösung anzubieten, damit diese ihre Netzwerke pflegen und nutzen können. Der Karriereberatungsexperte doziert und arbeitet Teilzeit an der Universität St. Gallen (HSG). «Obwohl Talentwerk schweizweit und teils auch grenznah agiert, haben wir einen natürlichen Fokus auf die Ostschweiz. Wir kommen alle von hier», sagt Kühne. Über 450 000 Nutzerinnen und Nutzer sowie mehr als 11 000 registrierte Firmen kann das Start-up bereits verzeichnen. Im Juli 2020 stand Talentwerk im Finale für den Start-up-Preis «Startfeld Diamant », der von der St. Galler Kantonalbank vergeben wird.
www.talentwerk.ch
Acht Tipps und Tricks für gutes Netzwerken:
1
Quantität vor Qualität: Strategie entwickeln für das Netzwerk (Ziel) und daraus ableiten, welche Plattformen und Anlässe für mich relevant sind und wie ich strategisch vorgehen soll.
2
Geben vor Nehmen: In wenigen, klaren Sätzen formulieren, welche Vorteile das Gegenüber erwarten kann, wenn sie oder er mit mir spricht (kein Bittsteller sein, Interesse wecken).
3
Namen merken: Sich den Namen seines jeweiligen Gesprächspartners merken.
4
Kontaktdaten sicherstellen: Nach dem Treffen via E-Mail oder «LinkedIn» Kontakt aufbauen und diesen halten (Follow-Up).
5
Gespür für Situation: Es ist wichtig zu verstehen, wann eine Person nicht «netzwerken» möchte. Aufdringliches Verhalten kann negativ auffallen.
6
Authentisch bleiben: Allen Vorbereitungen und Tipps zum Trotz ist es zentral, beim Netzwerken sich selbst treu zu bleiben (natürlich und nahbar).
7
Dem Zufall Raum lassen: Beim Netzwerken ist auch immer eine Portion Glück im Spiel. Sich selbst deshalb nicht zu stark unter Druck setzen und sich auf verschiedene Gespräche und Geschäftskontakte einlassen, kann positive Überraschungen bereithalten.
8
Professionelles Profil: Regelmässige Pflege (Posts, Kommentare) der Plattform. Ebenfalls ein Muss: ein aussagekräftiger Slogan, ein professionelles Bild, eine gewisse Anzahl Kontakte. Für das Netzwerken im Bewerbungskontext: «LinkedIn» ist ein Muss für die Karriere, «Xing» eine Empfehlung für den deutschsprachigen Raum. (adm)