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Mit Resilienz gegen Stress, Krisen und Traumata: Dr. Sabine Pallas von der Ostschweizer Fachhochschule St.Gallen

Die Corona-Pandemie hat Menschen und Unternehmen weltweit vor enorme Schwierigkeiten gestellt – auch in der Ostschweiz. Eine Expertin sagt, welche Faktoren widerstandsfähiger und erfolgreicher machen.

Mit Resilienz gegen Stress, Krisen und Traumata: Dr. Sabine Pallas von der Ostschweizer Fachhochschule St.Gallen

Das Leben mit seinen Auf und Abs gleicht zuweilen dem beliebten «Leiterlispiel». Bild: Getty

Das Leben ähnelt abschnittsweise dem populären «Leiterlispiel»: Mal rückt die Figur fünf Schritte vorwärts, mal wirft es sie weit zurück. Ein Grossteil der erwachsenen Personen erlebt während des Lebens mindestens ein potenziell traumatisches Ereignis, das die psychische Gesundheit belasten und Symptome posttraumatischer Belastungsstörung hervorrufen kann. Symbolisch gesprochen ist das die grosse Schlange auf dem Spielbrett. Solche Ereignisse werden auch externe Stressoren genannt. Sie können vom plötzlichen Tod des Ehepartners bis hin zu Unfällen oder Prüfungssituationen reichen. Wie schnell sich jemand nach solchen Widrigkeiten erholt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Einer davon ist die Resilienz. Sie beeinflusst, wie erfolgreich wir mit schwierigen Situationen umgehen. Besonders in den letzten zwei Jahren der Pandemie hat die Resilienz sowohl gesellschaftlich als auch unternehmerisch an Bedeutung gewonnen.

Die fünf Merkmale unternehmerischer Resilienz

«Ursprünglich kommt der Begriff Resilienz aus der Physik», sagt Sabine Pallas vom Institut für Unternehmensführung IFU. Die promovierte Mathematikerin und Wirtschaftswissenschafterin doziert an der Fachhochschule St. Gallen und hat sich während der Corona-Pandemie mit Unternehmen in der Krise beschäftigt. «Es ist die Fähigkeit eines Körpers, nach einer äusseren Einwirkung wieder den ursprünglichen Zustand zu erreichen», sagt sie. Dabei füge der Einfluss keine bleibenden Schäden zu. «Am IFU haben wir den Resilienzbegriff weiterentwickelt und auf Unternehmen angewandt», sagt sie.

Negative Einflüsse wie fehlende Vertriebskanäle und ausfallende Mitarbeitende hätten die meisten Betriebe in der Schweiz zu spüren bekommen. «Wir haben fünf Merkmale für unternehmerische Resilienz definiert», sagt Pallas. Sie erläutert: Im Vorfeld sei es wichtig, ein stabiles und vielfältiges Netzwerk mit Partnern und Behörden aufzubauen. Bricht die Krise dann herein, so heisst es, flexibel und schnell zu reagieren und sich auf die Kernbereiche des Geschäfts zu konzentrieren (siehe Tipps). «Treffen die fünf Merkmale auf das Unternehmen zu, ist das Fundament für Resilienz gelegt», sagt die IFU-Expertin.

Widerstandsfähig in der Pandemie

Im ersten Lockdown mussten zahlreiche Betriebe ihre Ladentüren schliessen. «Viele Ostschweizer Unternehmen haben in dieser Zeit von ihrem analogen Angebot auf digitale, kundenfreundliche Vertriebskanäle umgestellt», sagt Pallas, «und das in kürzester Zeit.» Tanzschulen und Fitnessstudios hätten die Menschen via Livestreams im Wohnzimmer erreicht, andere wiederum statt Spirituosen Desinfektionsmittel hergestellt. «Ein Textil- und ein Industrieunternehmen haben zusammengespannt und Masken mit 3D-Technologie produziert», sagt Pallas. Die Beispiele aus der Region verdeutlichen, wie flexibel und schnell neue Produkte entstanden, Geschäftsmodelle angepasst und digitale Möglichkeiten in der Krise genutzt wurden. «Wir haben gesehen, dass resiliente Unternehmen ihre Umsätze stabil halten und so ihren finanziellen Erfolg sichern konnten», sagt Sabine Pallas.

Mehr Leitern dank Resilienz

Anders als die Resilienz eines Betriebs ist die Persönlichkeit eines Menschen weit schwieriger zu beeinflussen. Es kursiert eine Vielzahl an Workshops und Tipps, doch die Fachliteratur beschreibt resiliente Eigenschaften als relativ fix und nicht ohne weiteres erlernbar. «Ein stärkendes soziales Umfeld und eine optimistische Grundhaltung gegenüber dem Leben sind sicher von Vorteil», sagt Pallas, doch sie verweist ebenfalls auf die Genetik und Einflüsse aus der Kindheit. Resiliente Menschen weisen meist ein stabiles Urvertrauen, ein positives Selbstwertgefühl und eine gute Emotionsregulierung auf. Die gute Nachricht: Die meisten Menschen weisen resiliente Eigenschaften auf, die je nach Stressor variieren können. Bei Untersuchungen nach Terroranschlägen wie 9/11 hat sich gezeigt, dass über 65 Prozent der Menschen resilient auf die Katastrophe reagieren konnten und den Anforderungen ihres Lebens, dem Erlebten zum Trotz, weiterhin gerecht wurden. Um das eigene mentale Fundament zu stärken, lässt sich der Hebel am besten beim Aufbau gesunder Sozialkontakte und einem flexibleren Umgang mit neuen Situationen ansetzen    – womit die Zahl der Leitern auf dem Spielbrett steigen dürfte. Anna Dieckmann 

Neuer Lehrgang im Appenzellerland

Herisau Das Berufsbildungszentrum (BBZ) Herisau bietet mit dem BM2-Lehrgang ab August 2022 erstmals eine Berufsmaturität für junge Erwachsene an. Das neue Angebot richtet sich an Lernende, die nach der Berufslehre die Berufsmaturität absolvieren möchten. Diese öffnet die Tür zu den Fachhochschulen oder mittels Passerelle auch die zu den universitären Hochschulen. Damit erhalten junge Erwachsene im Appenzellerland eine praxisorientierte Alternative zu den ausserkantonalen Angeboten. Beteiligt am Bildungsangebot sind das BBZ Herisau, die Kantonsschule Trogen sowie das Gymnasium Appenzell. Den Auftrag dazu haben die Bildungsdepartemente der Kantone Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden erteilt.

Auf die Region angepasste Ausrichtungen

Die BM2 wird ab August 2022 berufsbegleitend in drei Semestern und ab Februar 2023 zusätzlich Vollzeit in zwei Semestern angeboten. Lernenden mit Teilzeitstudium wird eine Berufstätigkeit von 60 Stellenprozenten empfohlen. Das BBZ Herisau bietet die BM2 in zwei Ausrichtungen an. Die Ausrichtung «Gesundheit und Soziales» (GESO) mit Schwerpunkt Natur- und Sozialwissenschaften ergänzt die beruflichen Grundbildungen des Gesundheits- und Sozialbereichs. Die Ausrichtung TALS (Technik, Architektur und Life Sciences) ergänzt die beruflichen Grundbildungen in den technischen, industriellen und handwerklichen Bereichen. Die Schwerpunktbereiche der technischen Ausrichtung sind Naturwissenschaften und Mathematik. Ergänzend kommen in beiden Ausrichtungen Geschichte, Politik und Wirtschaft sowie Recht dazu.

Der Unterricht basiert auf dem Konzept von «blended learning», wobei die beiden Lernformen Präsenzunterricht und E-Learning miteinander verknüpft werden. Am BBZ in Herisau findet der Präsenzunterricht statt. An der Kantonsschule Trogen und dem Gymnasium Appenzell stehen den Lernenden zusätzlich Räume für das geführte Selbststudium zur Verfügung.

Mit einem Notenschnitt ab 4,8 vor oder bis zwei Jahre nach Abschluss der Berufslehre EFZ erfolgt die Zulassung prüfungsfrei. Ebenfalls möglich ist die Zulassung durch eine bestandene Aufnahmeprüfung. (scu)

Hinweis

Die Anmeldefrist für den ersten Lehrgang im August 2022 läuft noch bis Ende Februar.

Details finden Interessierte auf www.berufsschule.ch.

Fünf Tipps für mehr Resilienz

Tipp #1
Grad der Vernetzung
Ein zuverlässiges Umfeld mit engen Vertrauenspersonen ist das stabile Fundament in Krisenzeiten. Dasselbe gilt für Unternehmen, die auf ein fundiertes Netzwerk mit anderen Betrieben, Lieferanten und Behörden zugreifen können.

Tipp #2
Redundanzen
Verschiedene Standbeine gegen Engpässe schaffen: Das Netzwerk sollte nicht nur stabil, sondern im besten Fall auch vielfältig sein. So können Unternehmen beispielsweise auf einen zweiten Lieferanten für Rohstoffe oder wichtige Produktionsteile zurückgreifen, sollte ein anderer ausfallen.

Tipp #3
Flexibilität
Die flexible Anpassung an neue Situationen ist eine Fähigkeit, die ebenfalls die Widerstandsfähigkeit steigert: «Nicht hadern, sondern neu ausrichten und flexibel agieren», sagt die Expertin. Dabei gilt es, zukunfts- und lösungsorientiert zu handeln.

Tipp #4
Reaktionsgeschwindigkeit
Die Reaktionsschnelligkeit ist eng mit der Flexibilität verbunden: «Wenn ein Unternehmen auf einen anderen Vertriebskanal wechseln kann, sollte dies kein halbes Jahr dauern, sondern schnell und reibungslos vonstatten gehen», sagt Sabine Pallas.

Tipp #5
Elastizität
Fokus auf das Wesentliche: «Elastizität ist die Fähigkeit eines Unternehmens, sollte es hart auf hart kommen, sich auf seine Kerngeschäfte konzentrieren zu können», sagt die Expertin. Der Geschäftsteil mit dem Hauptumsatz rückt dabei ins Zentrum, bis die Krise überwunden ist. (adm)

Person

Mit Resilienz gegen Stress, Krisen und Traumata: Dr. Sabine Pallas von der Ostschweizer Fachhochschule St.Gallen-2

Dr. Sabine Pallas ist seit März 2020 an der Fachhochschule St.Gallen als Dozentin Finanzmanagement und Controlling tätig und hat während der Corona-Pandemie ein von der Innosuisse finanziertes Forschungsprojekt initiiert, das unternehmerische Resilienz untersucht. Ihre Spezialbereiche sind das betriebliche Rechnungswesen und die wertorientierte Unternehmensführung. (adm)

www.ost.ch