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War der erste Grittibänz etwa eine Frau?

Gelingtipps für den selbst gemachten Grittibänz

War der erste Grittibänz etwa eine Frau?

Bilder: Manuela Jans-Koch

In der Vorweihnachtszeit wird landauf, landab ein Teigmännchen, verziert mit Rosinenaugen und Hagelzucker gebacken – ob selbst gemacht, in der Bäckerei um die Ecke oder im Grossverteiler. Während sich das Rezept für das Hefegebäck überall ähnelt, zeigt sich in seiner Namensgebung eine grössere Vielfalt – da werden auch mal ein «Grättimaa» oder «Ölgerma» feilgeboten.       

Der Grittibänz gehört zum 6. Dezember wie der Samichlaus und das Samichlaussäckli. Doch warum heisst das Hefegebäck überhaupt Grittibänz und woher stammt die Tradition?

Ein (Brot-)Mann mit gespreizten Beinen

Am geläufigsten ist die Bezeichnung Grittibänz. Die Wörter «grätte» und «gritte» bedeuten gemäss Idiotikon, dem Wörterbuch der Schweizerdeutschen Sprache, «die Beine spreizen» oder «grätschen». «Bänz» ist eigentlich die Abkürzung für den Namen Benedikt. Weil dieser Name früher sehr verbreitet war, konnte er aber allgemein für eine männliche Person stehen. Der «Grittibänz» ist also ein Mann mit gespreizten Beinen.

In der Region Basel und Baselland ist das beliebte Teigmännchen unter dem Namen «Grättimaa» bekannt, während man in der Gegend in und um Winterthur­-Unterthurgau­-Stein in Anlehnung an das Städtchen Elgg mitunter vom «Elggerma» oder vom «Ölgerma» spricht. In der Innerschweiz ist es vielerorts einfach der «Chlaus» und in der Romandie kennt man ihn unter den Namen «Bonhomme de Saint Nicolas», «Bonhomme de pâte» oder ganz simpel «Bonhomme». In der Italienisch sprechenden Schweiz heisst das Teigmännchen schliesslich «Pupazzo di San Nicolao».

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Ein Wecken aus Weissmehl als Grittibänz-Vorgänger

Die Ursprünge des Grittibänz sind nicht abschliessend geklärt. Die Online­-Enzyklopädie des Vereins «Kulinarisches Erbe der Schweiz» ortet seine Anfänge im 11. Jahrhundert nördlich der Alpen, genauer gesagt in Nordfrankreich. «Am Nikolaustag wurde unter den Schülern ein Kinderbischof gewählt, der für diesen einen Tag dem Kloster und der Schule vorstand. Dieser durfte sich gegenüber den Lehrern beschweren und die Erwachsenen durch seine Knechte bestrafen lassen», heisst es dazu. Die älteste Nachricht eines solchen Umzugs in der Schweiz stammt aus Basel und führt ins 14. Jahrhundert zurück: «Am 6. Dezember zogen die Schüler mit einem verkleideten Kinderbischof durch die Stadt. Am Schluss erhielten alle einen Wecken aus Weissmehl.» Dieses Brötchen sei der Vorläufer des heutigen Grittibänz. Erst ab dem 19. Jahrhundert häufen sich Quellen über den Grittibänz in der heute bekannten Form, als ein Brotmännchen, das zu Ehren des heiligen St. Nikolaus am 6. Dezember gegessen wurde. Auch der erste Hinweis auf den heutigen Namen ist in dieser Zeit zu finden.

Man sprach damals vom «Chriddibenz». Sicher ist, dass der Grittibänz zu Beginn des 20. Jahrhunderts fast ausschliesslich im Mittelland zwischen Aarau und Biel verbreitet war und deutlich unbekannter als heute. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verbreitete sich das Gebäck mitsamt seinem Namen erfolgreich in anderen Regionen der Schweiz. In den 1950ern schaffte der Grittibänz den Sprung über den Röstigraben und erfreut sich seither auch in der Romandie grosser Beliebtheit.

Das «Frowli» von Zürich

Heute erscheint der Grittibänz meist in männlicher Form. Verschiedene Quellen deuten jedoch darauf hin, dass Grittibänze in Frauengestalt früher nicht selten waren. Der erste Grittibänz könnte gar eine Frau gewesen sein. Gemäss «Kulinarischem Erbe der Schweiz» finde man eines der ältesten Zeugnisse einer Teigfigur in Menschenform in Zusammenhang mit dem 6. Dezember in einem Nikolausspruch von 1546. Der Spruch wird dem Zürcher Reformator Heinrich Bullinger zugeschrieben und lautet: «Der Felix nehm zem ersten s’Horn, Das Frowli esse er erst morn». Patrick Baumann
     

Gelingtipps für den selbst gemachten Grittibänz

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Für vier mittelgrosse Grittibänzen und -frauen braucht es 550 g Mehl, das mit 1,5 TL Salz und 3 EL Zucker vermischt wird. 1 Ei, 80 g weiche Butter in Stücken und 20 g Hefe, welche mit 3 dl lauwarmer Milch angerührt wird, mischen und dann zum Mehl geben.

– Für die vegane Variante kann anstatt herkömmlicher Milch Sojamilch oder Reismilch verwendet werden. Butter kann man sehr gut durch Margarine ersetzen und als Ersatz für das Ei eignet sich Sojarahm.

– Nicht zu viel Hefe verwenden. Der Teig geht dadurch zwar schnell auf, dafür kann sich das feine Aroma nicht genügend entwickeln.

– Die Eizugabe sorgt für eine feinere Porung des Teiges, ein schöneres Volumen und sie hält den Grittibänz länger frisch.

– Der Teig wird dann von Hand so lange geknetet, bis er geschmeidig ist. Dies braucht Geduld und darf bis zu einer halben Stunde dauern.

– Wird der Teig in der Küchenmaschine zubereitet, empfiehlt sich, die Milch und die Butter direkt aus dem Kühlschrank zu nehmen und alle Zutaten auf niedrigen Touren geschmeidig zu kneten. Ansonsten wird der Teig zu warm und die Hefe beginnt zu früh zu gären.

– Danach lässt man den Teig zugedeckt ruhen, bis er auf das doppelte aufgegangen ist.

– Den Teig anschliessend in ovale Formen teilen, Kopf, Arme und Beine einschneiden oder bei einer Grittifrau einen schönen Rock formen. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Mit Hut, Schnauz oder einem geflochtenen Zopf – alles darf sein.

– Mit Nüssen, Rosinen oder Cranberrys verzieren. – Zum Schluss werden die Grittibänzen und -frauen mit Ei bestrichen, je nach Belieben mit Hagelzucker bestreut, bevor sie im vorgeheizten Ofen bei 200 Grad zirka 25 Minuten goldbraun gebacken werden. (pab

Ein Blick über die Grenzen

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Bild: Adobe Stock

Der Grittibänz ist auch in anderen europäischen Ländern verbreitet. In Süd- und Mitteldeutschland heisst das Hefegebäck beispielsweise «Weckmann» oder «Weckenmann». In einigen Gebieten in Deutschland ist der Begriff Stuten für Rosinenbrot verbreitet. Dort heisst der Grittibänz dann «Stutenkerl» oder «Stutenmännchen». In Süddeutschland und Österreich ist das Gebäck als «Krampus» bekannt. In Luxemburg wird es «Boxemännchen» genannt, im Elsass «Manele» (Männele) und in der Franche-Comté sowie in Lothringen «Jean Bonhomme». (pab)