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Viel Emotion statt Emission

Mit dem i4 bringt BMW sein erstes rein elektrisches Auto auf den Markt. Im Vordergrund steht dabei die Fahrfreude.

Viel Emotion statt Emission

Auf Effizienz getrimmt: Äusserlich hebt sich der BMW i4 nicht stark vom 4er Gran Coupé ab. Bild: PD

In der DNA steckt alles, was uns Menschen ausmacht. Jeder ist einzigartig und doch einer Familie zuzuordnen. Auch bei Autoherstellern spielt die DNA eine entscheidende Rolle: Wie gebe ich das Erbgut an die nächste Modellgeneration weiter, sodass diese einwandfrei als Kind der Marke zu identifizieren ist?Eine Frage, die auf dem Weg in die Elektromobilität an Brisanz noch gewinnt. Denn viel mehr als bei den Verbrennern sind E-Antriebe meist frei von einem eigenen, charaktergebenden Wesen. Wie also baut man emissionsfreie Fahrfreude? 

Zwei Modelle am Start

Die Antwort von BMW heisst i4. Es ist das erste E-Auto der Firma, bei dem sich alles um die Freude am Fahren dreht. Die Münchner sagen: «Die Elektromobilität erreicht mit dem i4 den Kern der Marke.» Aus dem Marketingdeutsch übersetzt heisst das, der i4 muss die Petrolheads überzeugen. Denn eines wissen die Bayern auch: Es gibt keine Hintertür raus aus der Elektromobilität.

Ab Februar 2022 starten zwei Modelle: der i4 eDrive40 mit 250 kW (340 PS), Hinterradantrieb und 590 Kilometer WLTP-Reichweite ab 69 900 Franken sowie der von uns gefahrene i4 M50 mit 400 kW (544 PS), Allradantrieb und Luftfederung an der Hinterachse ab 86 900 Franken. Dieses Modell verspricht 521 Kilometer Reichweite und einen WLTPNormverbrauch zwischen 18 und 22,5 kWh. Die Karosserie des 4,78 Meter langen i4 hat rund 30 Prozent Gleichteile mit dem 3er, ist technisch dem 4er Grand Coupé aber viel näher: Die Türen sind identisch, auch Sitze und Lenkrad sind gleich. Sonst aber ist fast alles neu: Lenksäule, Bremsbaukasten, die Achsen vorne und hinten. Neuartige Torsionsstreben und ein fest mit dem Batteriegehäuse verbundener Vorderachsträger sollen eine möglichst steife Karosseriestruktur garantieren.

„Wer den Katapultstart per Launch-Control wagt, sollte einen gesunden Magen haben.“

Für eine bessere Aerodynamik (Cw-Wert 0,24) und noch bessere Performance liegt der Fahrzeugschwerpunkt um bis zu 5,3 Zentimeter tiefer als bei der 3er-Limousine. Das bringt laut Hersteller 80 Kilometer mehr Reichweite. Spezielle Alu-Räder mit Plastikeinlagen sind zudem 15 Prozent leichter – bringt nochmals 15 Kilometer. Der Akku des i4 xDrive 50 hat eine Kapazität von 83,9 kWh (brutto). Er speist je einen Elektromotor an der Vorder- und Hinterachse, den Kraftfluss zwischen den beiden E-Maschinen übernimmt eine intelligente Regelelektronik. Die sogenannte Aktor-nahe Radschlupfbegrenzung optimiert dabei die Traktion in dynamischen Situationen, von vorne nach hinten wird die Leistung in Hundertstel-Millisekunden verschickt. Eine Segelfunktion kann den Antrieb auf freier Strecke komplett entkoppeln und so zusätzlich Energie sparen.

Hinter dem Steuer des i4 sieht vieles gewohnt aus. Super Sportsitze, das Infotainment-System mit seinem Controller in der Mittelkonsole ist viel besser ablesbar als beim überdesignten iX. Von dem übernimmt der i4 das grosse, gewölbte Touchdisplay und das neue Bediensystem, das einen entweder fasziniert oder irre macht. Es ist lernfähig, und die meisten Funktionen lassen sich auch per Sprachbefehl aufrufen. Doch wer nicht ständig bis spät in die Nacht am PC daddelt, bekommt nur schwer die Kurve. Ein Überangebot an Funktionen und Menüs fordert reichlich Aufmerksamkeit und ein gutes Gedächtnis. Überlebende der Musikkassetten-Generation müssen sich da mühsam rein arbeiten.

Operation gelungen

Weil die Elektronik alles im Griff hat und praktisch keine Traktionsverluste zulässt, schiesst der i4 bei «Vollgas» nach vorne wie eine Kugel aus dem Revolver. Wer den Katapultstart per Launch-Control wagt, sollte einen gesunden Magen haben.

Unterwegs empfiehlt es sich für Freunde der Achterbahn, den Sport-Boost zu aktivieren. Der bündelt für rund zehn Sekunden alle Kräfte und beschleunigt den i4 noch mal mit einer Vehemenz und Leichtigkeit, als wären physikalische Gesetze nur eine freundliche Empfehlung. Dieses M-Gerät hat Kraft bis zum Abwinken und bringt sie souverän auf die Strasse. Das für einen Sportwagen nicht gerade schmeichelhafte Übergewicht (2050 Kilogramm) kaschieren die Regelsysteme bis zur Unkenntlichkeit, wie ein weites Oberhemd den Wohlstandsbauch. Tatsächlich schafften es die Ingenieure, das typische BMW-Fahrgefühl in die neue Ära zu transplantieren. Operation gelungen. Tomas Hirschberger