Seit der Einführung der Massnahmen zur Bekämpfung der Epidemie im März 2020 sind die Staatshaushalte weltweit aus dem Ruder gelaufen. In vielen Bereichen staatlicher Tätigkeit ist eine regelrechte Kostenexplosion zu beobachten, und vor allem hat die öffentliche Hand zusätzliche Aufgaben übernehmen müssen, welche sie weder voraussehen konnte, geschweige denn budgetiert hätte. Im Zusammenhang mit unserem Land scheint es, dass die Kantone und Gemeinden vorerst eher glimpflich davongekommen sind, während die Situation der Bundesfinanzen arg in Schieflage geriet. Der Bund hat die Hauptlast der Corona-Massnahmen zu tragen. Das Defizit für das Jahr 2020 beträgt knapp 16 Milliarden Franken und bildet somit das mit Abstand schlechteste Ergebnis seit über 30 Jahren. Dies ist umso besorgniserregender, da der Bund für das laufende Jahr mit einem Fehlbetrag von bis zu 27 Milliarden Franken rechnet.
Angesichts solcher Zahlen erscheinen die Kosten und Fehlbeträge der Kantone und Gemeinden geringfügig. Während die Stadt Zürich mit rund 300 Millionen Franken Kosten für das Jahr 2020 rechnet, sind solche Angaben für andere Gemeinden kaum erhältlich. Der Kanton Basel Stadt rechnet indessen alleine mit Mehrkosten für die Spitäler, Pflegeheime und Spitex von insgesamt ungefähr 110 Millionen Franken bis Ende 2021. Generell gehen die Kantone und Gemeinden von sich verdüsternden Rechnungen und Budgets aus. Auch der Kanton Thurgau rechnet erstmals seit vielen Jahren mit einem negativen Abschluss und budgetiert für das Jahr 2021 einen Aufwandüberschuss von gut 27 Millionen Franken. Die Sozialwerke haben im Zusammenhang mit der Kurzarbeitsentschädigung und dem Covid-Erwerbsersatz im vergangenen Jahr innert nur neun Monaten rund 13 Milliarden Franken ausgeschüttet und sind somit bis Ende 2020 in tiefstrote Zahlen gerutscht. Für das Laufjahr sollen nochmals gut 9 Milliarden Franken an Mitteln aus der ALV und EO verteilt werden. Zwar sind diese Zahlungen an die Versicherten nicht beitragsbefreit, indessen werden die Einnahmen der Sozialwerke aufgrund der resultierenden geringeren Lohnsummen für den betroffenen Zeitraum rückläufig sein. Dies erhöht die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen nicht unwesentlich.
Verschiedene Branchen profitieren durch Pandemie
Die Entwicklung der Wirtschaft im gleichen Zeitraum muss als äusserst ambivalent erachtet werden . Während einzelne Unternehmen von den Massnahmen unberührt geblieben sind, haben andere schwerste Einbussen hinnehmen müssen. Wiederum gibt es auch Betriebe, welche sogar von der Epidemie oder den Folgen der Massnahmen stark zu profitieren wussten. So herrschte wohl in der Versandbranche Hochbetrieb und Vollbeschäftigung, während in den Tourismus- und Gastronomiebetrieben schwierigste Verhältnisse bestimmend waren. Völlige Perspektivlosigkeit lähmte unter anderem die Eventbranche und gefährdet die meisten Betriebe existenziell, wenn sie nicht durch die öffentliche Hand gesponsert werden. Viele Handwerksunternehmen konnten dank einer robusten Binnennachfrage ein gutes Geschäftsjahr verzeichnen, und einige freuten sich gar über ein Spitzenjahr. Andere wiederum kämpfen um die Existenz, vor allem dann, wenn sie zufälligerweise Produkte anbieten, welche mangels Verwendungsmöglichkeiten nicht nachgefragt werden. Die sich ständig ändernden Rahmenbedingungen waren und sind des einen Leid und des anderen Freud. Eine seriöse Budgetierung ist in solch willkürlichen Zeiten unmöglich, und sämtliche Betriebe sind gut beraten, wenn sie mit den finanziellen Ressourcen vorsichtig umgehen.
Geringere Staatseinnahmen erwartet
Die Entwicklung der Staatseinnahmen für die kommenden Jahre muss als unsicher prognostiziert werden. Einerseits haben wir zahlreiche Betriebe, welche aufgrund von verrechenbaren Verlusten keine oder wenig Gewinnsteuern entrichten werden, und andererseits wirkt sich die tiefere Unternehmenssteuer in den kommenden Jahren voll aus. Auch bei den natürlichen Personen werden anlässlich der angestiegenen Arbeitslosigkeit die Einkommenssteuererträge kaum ansteigen. Für die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer sind in Folge der angeschlagenen Konjunktur keine Zuwächse zu erwarten. Die Mineralölsteuererträge sind bestenfalls stagnierend, was auch für die Stempelabgaben und die Tabaksteuer gilt. Den galoppierenden Ausgaben stehen somit schwindende Einnahmen gegenüber.
Direkte Bundessteuer oder Mehrwertsteuer erhöhen?
Selbstverständlich muss die Frage gestellt werden, wohin dies führt. Wer bezahlt endeffektlich die Zeche? Da vor allem auf Bundesebene enorme Eruptionen im Haushalt erfolgt sind und noch folgen werden, ist hier der Finanzierungsbedarf am akutesten. Sowohl die Begleichung der Kosten für die Wirtschaftshilfe mittels Härtefallmassnahmen und Bürgschaften als auch die Ausgaben für Gesundheit, Verkehr, Kultur und Beziehungen zum Ausland von bis zu 15 Milliarden Franken müssen durch die vorhandenen Einnahmequellen bestritten werden. Es stellt sich konkret die Frage, ob die Tarife der direkten Bundessteuer angepasst oder die Mehrwertsteuersätze erhöht werden müssen. Auf dem Feld der sozialen Wohlfahrt stehen wir einem massnahmenbedingten Finanzierungsbedarf von rund 22 Milliarden Franken gegenüber. Dieser Fehlbetrag kann nur schwerlich mit zusätzlichen Beiträgen an die ALV und EO befriedigt werden. Um innert nützlicher Frist diese Löcher zu stopfen, müssten konsequenterweise die Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern dermassen stark erhöht werden, dass damit sowohl der Arbeitsmarkt als auch die Wirtschaft abgewürgt werden würden. Hinzu kommt, dass die Budgets der Gemeinden und Kantone ebenfalls mehr oder minder stark belastet werden und auch diese Körperschaften ihre massnahmenbedingten Defizite auszugleichen wünschen. Zwar könnten sie durch Anhebung ihrer Steuerfüsse schnell zu Mehreinnahmen gelangen, bezahlen müssten diese Mehrbeträge indessen dieselben, welche bereits die entsprechende zusätzliche Mehrwertsteuer und die allfälligen neuen Sozialversicherungsbeiträge stemmen. Es ist fraglich, ob die nötigen Zustimmungen an der Urne erteilt würden. Eine Alternative wäre, die Bundesausgaben für die kommenden Budgets im nötigen Umfang zu kürzen. Beide Lösungswege dürften schmerzhaft sein.
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