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Die französische Revolution

Citroën Ami

Die französische Revolution

Der Citroën Ami ist ein minimalistisches Elektromobil, das als Quad zugelassen wird und somit ab 16 Jahren gefahren werden darf. Bilder: PD 

«Was ist denn das?», ruft der Hipster auf dem Cargo-Bike. «Ist der süss», klingt es von rechts und links. Die Leute drehen die Köpfe, schauen, knipsen. Und sie lächeln überall entlang der Testroute durch die deutsche Hauptstadt. Ein solch witziges und niedliches Fahrzeug haben selbst die trendigen Berliner noch nicht gesehen, und das will etwas heissen, ist die Stadt an der Spree doch bekannt für hippe Verkehrsmittel aller Art. 16 000 Elektro-Scooter, 14 000 Leihvelos und 7000 Autos von Sharing-Diensten sind auf ihren Strassen unterwegs, hinzu kommen unzählige Cargo-Bikes, Rikschas, E-Skateboards und dergleichen mehr. In dieser Stadt aufzufallen, ist schwer – doch der Citroën Ami stiehlt allen die Show.

2,4 Meter lang, keine 500 Kilogramm leicht, ein knuffiges Gesicht und eine bahnbrechende Karosserie: Mit dem elektrischen Ami will Citroën die urbane Mobilität aufmischen.

Elektro-Pionier mit Ecken und Kanten

Die französische Revolution -2

Citroën gehört zu den Marken, die schon früh auf den Elektroantrieb setzten. 2009 wurde der C-Zero lanciert, der baugleich auch von Mitsubishi (i-Miev) und Peugeot (iOn) verkauft wurde. Die Nutzfahrzeuge Berlingo, Jumpy und Jumper wurden elektrifiziert, ebenso der Personentransporter Spacetourer, der noch dieses Jahr auf den Markt kommen soll.

Ebenfalls kurz vor der Markteinführung steht der Kompaktwagen e-C4, der mit einer 50-kWh-Batterie eine Reichweite von 350 Kilometern verspricht. Die Tochter-Marke DS lancierte mit dem DS 3 Crossback E-Tense einen vollelektrischen SUV.

Und auch eine Kuriosität gab es von Citroën schon im Bereich der Elektroautos: Das 2016 auf die Strasse gebrachte Spassmobil e-Mehari, das mit seiner Kunststoffkarosserie an den Mehari von 1968 erinnern sollte, kam bei der Kundschaft allerdings nicht gut an – wegen einer zu geringen Reichweite und spontaner Selbstentladung der Batterie wurde das Modell 2019 eingestellt. (ds)

Der kleine Franzose ist tatsächlich revolutionär. Den Umsturz im Strassenverkehr wird er zwar kaum herbeiführen, doch es ist gut möglich, dass man in einigen Jahrzehnten zurückblickt auf dieses minimalistische Elektroauto und auf den Hersteller, der sich traute, es zu bauen. Dass dieser Hersteller Citroën ist, verwundert nicht – immer wieder haben die Franzosen mit avantgardistischen Kreationen für Furore gesorgt.

Der Ami ist kein Auto


«Für uns ist der Ami der Einstieg in die Elektromobilität», sagt Christopher Rux, Pressesprecher von Citroën Deutschland. «Er ist perfekt für die Stadt und eine völlig neue Mobilitätslösung.» Dabei übergeht Rux die Tatsache, dass die Franzosen bereits seit 2009 verschiedene Elektroautos in der Palette haben, und völlig neu ist diese Mobilitätslösung auch nicht: Konkurrent Renault hat bereits 2011 mit dem Twizy einen minimalistischen Elektro-Zweisitzer mit ähnlichen Abmessungen auf den Markt gebracht. Doch das ist der Clou des kleinen Citroën: Der Twizy gilt als Auto – der Ami nicht. Er wird in der Klasse der Quads, der vierrädrigen Motorräder, zugelassen. Somit darf er bereits ab 16 Jahren gefahren werden, in einigen Regionen sogar ab 15.


Ob eine solche Zulassung in der Schweiz möglich ist, ist noch in Abklärung – denkbar wäre eine Homologierung in den Kategorien A1 (Quads) oder F (Arbeitsmotorfahrzeuge und Traktoren), die beide ab 16 Jahren zugelassen sind. «Von diesem Zulassungsentscheid hängt auch der Entscheid ab, ob wir den Ami in die Schweiz bringen», erklärt der Schweizer Pressesprecher Dušan Radic. «In den nächsten zwei bis drei Monaten wissen wir Bescheid. » Es wäre schade, wenn der kleine Flitzer bei uns aussen vor bliebe. Die Kiste ist nur 2,4 Meter lang, 1,4 Meter breit und 1,5 Meter hoch, das Design ist komplett symmetrisch. Das hat einen Grund: Die Heckpartie plus die Fahrerseite der Karosserie und die Frontpartie plus die Beifahrerseite sind baugleich. Die Fahrertür ist also hinten angeschlagen, die Beifahrertür entsprechend vorne. Durch solch clevere Kniffe in der Konstruktion besteht das gesamte Fahrzeug aus weniger als 250 Teilen. Auch das ist revolutionär – ein herkömmliches Auto hat heute weit über 10 000 Einzelteile.

Mit acht PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 45 Kilometer pro Stunde geht es durch die Berliner Innenstadt. Die winzige Batterie mit 5,5 kWh Kapazität reicht für maximal 72 Kilometer, gemessen im Motorrad- Testzyklus WMTC, geladen wird per ausziehbarem Kabel an der Haushaltssteckdose in nur drei Stunden. Es holpert, der Sitz ist kaum gepolstert, und es wird immer wärmer in der Fahrerkabine – die grossen Glasflächen ermöglichen zwar eine gute Rundumsicht, doch die Sonne heizt den Passagieren ein.

Kühlung wie im «Döschwo»

Eine Klimaanlage gibt es nicht, genauso wenig eine Servolenkung oder einen Schalter fürs Licht. Wer Kühlung will, klappt die Seitenfenster hoch wie einst im «Döschwo». Im Winter kann die Frontscheibe per Gebläse geheizt werden, was auch den Innenraum wärmt, eine laute Lüftung lässt die Luft zirkulieren – mehr Komfort gibt es nicht. Ein USB-Steckplatz liefert den Strom für das Smartphone, für das es eine passende Halterung gibt, was ein Infotainmentsystem überflüssig macht. Ein tragbarer Bluetooth-Lautsprecher sorgt für Musik. Und sogar etwas Stauraum gibt es, in Türfächern oder im Fussraum des Beifahrers.

Dass viele dieser Annehmlichkeiten Aufpreis kosten, überrascht bei einem Basispreis ab 6000 Euro nicht. Zu diesem Preis ist der Ami ab sofort in Frankreich erhältlich, geleast werden kann er ab 20 Euro im Monat. Was der Ami in der Schweiz kosten würde, ist noch nicht bekannt, auch über die Vertriebswege wurde noch nicht entschieden. In Frankreich bestellt man den Ami wie ein Amazon- Paket im Internet und bekommt ihn nach Hause geliefert, die dazu bestellten Optionen kommen per Post und müssen dann selbst montiert werden. Auch das ist revolutionär. Dave Schneider

Hinweis
Probefahrt auf Einladung des Herstellers
     

Citroën Ami

Modell: Mikro-Elektroauto
Masse: Länge 2,41 m, Breite 1,39 m, Höhe 1,52 m, Radstand 1,73 m
Wendekreis: 7,2 m
Stauraum: 62 l
Motor: Asynchron-Elektromotor mit 6 kW (8 PS)
Batteriekapazität: 5,5 kWh
Reichweite (WMTC): 72 km
Fahrleistungen: Von 0 auf 45 km/h in 10 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 45 km/h
Markteinführung: noch ungewiss. E