Mit dem Supersportwagen MC20 will Maserati ein neues Zeitalter der Traditionsmarke einläuten. Die Modellpalette soll deutlich erweitert werden und auch reine Elektroautos und Versionen mit Plug-in-Hybrid enthalten. Das lässt sich der Fiat-Konzern, zu dem Maserati gehört, viel kosten. Aber hat das Urgestein auch Chancen, wenn die beschlossene Fusion mit Peugeot zu einem Gemeinschaftsunternehmen in die Tat umgesetzt wird?Nachdem sie nur kurze Zeit unabhängig war, wurde Maserati stets in Adoptiv-Familien eingereiht. Erst bei Citroën, dann bei De Tomaso. Schliesslich landete die Marke samt Produkten Anfang der 90er-Jahre endgültig bei Fiat und arbeitete seitdem eng mit dem Musterschüler Ferrari zusammen.Jetzt muss sich Maserati schon wieder auf Neues einstellen, denn schon wieder steht Familiäres an. Durch das Zusammengehen der Konzerne FCA (Fiat) und PSA (Peugeot) zum neuen Branchenriesen Stellantis, beide auf Grossserienfahrzeuge gepolt, muss die Luxusmarke beweisen, dass sie Geld verdienen kann. Denn die Frage «Ist das Kunst oder kann das weg?» gilt eben auch auf dem Schlachtfeld der Börsen, Aktienkurse und Investoren.
Der italienische Traditionshersteller gehört bald zum Branchenriesen Stellantis. Dort ist Maserati nur eine Marke unter vielen. Behaupten will sie sich mit Elektroautos und Plug-in-Hybrid-Versionen.
Fahrplan für die Zukunft
Jetzt legt Maserati seinen Fahrplan für die Zukunft auf den Tisch, der durchaus Überraschendes enthält und der Ikone einen Platz am Futtertrog der neuen Grossfamilie sichern soll. Dort drängeln sich dann bekannte Namen wie Fiat, Alfa Romeo, Peugeot, Citroën, Chrysler, Jeep und auch Opel. Vorteil: Weil Ferrari auch in Zukunft sein eigenes Ding machen wird, könnte der Dreizack im Maserati-Logo zur Speerspitze von Stellantis werden, die zum Symbol der Jagd auf betuchte Kunden dient.
Der erste Knaller ist sicher der Supersportwagen MC20, der vor kurzem in Modena präsentiert wurde. Bärenstark die Leistung (463 kW/630 PS, 325 Kilometer pro Stunde), rasant das Design mit den hochschwingenden Türen, bombastisch der Preis – wohl nicht unter einer Viertelmillion Franken. Logisch, dass es keinen Massenansturm auf den MC20 geben kann. Aber für Aufmerksamkeit sorgt die Flunder allemal. Und die soll auf Bestehendes und Kommendes abstrahlen. Derzeit ist Maserati nämlich eher bescheiden aufgestellt, hat gerade mal drei Modelle im Programm. Wirklich erfolgreich ist aber nur das SUV Levante, die beiden Limousinen Quattroporte und Ghibli leiden dagegen unter eben diesem SUV-Boom und der Übermacht der deutschen Marken wie Mercedes, BMW und Audi. So haben die Italiener von Januar bis Ende August in der Schweiz gerade mal 135 Fahrzeuge abgesetzt, das sind fast 50 Prozent weniger als im Vorjahr, 86 davon waren Levante. Das ertragreiche Geschäft mit den Business-Dienst-wagen läuft bei Maserati nicht wirklich.
Daran wird auch die gerade erschienene Variante des Ghibli nichts ändern, mit der Maserati die Elektrifizierung für sich entdeckt. Der Zusatz «Hybrid» im Modellnamen führt etwas in die Irre. Dieser Ghibli hat ein 48-Volt-Bordnetz, das einen elektrischen Verdichter mit Strom versorgt. Der arbeitet mit einem normalen Turbo zusammen und dient als Kraftspritze für einen Zweiliter-Benziner und sorgt so für 243 kW/330 PS. Rein elektrisch kann er nicht fahren. Hier geht es eher um Spritsparen und Leistungszuwachs.
Insofern ist der Ghibli Hybrid nur ein erster Schritt des neuen Firmen-Projekts Folgore (Blitz). Die nächsten sind weitaus wichtiger: Im nächsten Jahr feiern die Neuauflagen des Coupés Grand Turismo und des Roadsters Grand Cabrio ihren Einstand. Neben den gewohnt starken Benzinern sollen sie auch als vollelektrische Versionen punkten.
Details hält Maserati noch geheim und verrät nur eher Nebensächliches. So wird ein spezieller Elektro-Sound entwickelt, der wie bei Maserati gewohnt für eine spezielle Akustik sorgen soll. Das Duo wird wohl eine elektrische Reichweite von rund 400 Kilometern haben. Als nächster Stromer folgt dann eine abgasfreie Variante des gerade vorgestellten Supersportwagens MC20.
SUV soll Porsche bedrängen
Ob auch das Zugpferd Levante von der Watt-Offensive profitieren wird, ist noch offen. Denkbar wäre hier eine Plug-in-Lösung, also eine Kombination aus Verbrenner und starker Batterie, die an der Steckdose aufgeladen werden kann. Das Gleiche gilt für den Neuling, der ebenfalls 2021 erscheinen und für Betrieb bei den Maserati-Händlern sorgen soll. Das Mittelklasse-SUV trägt einer langen Tradition folgend den Namen eines Windes. «Grecale» heisst ein zuweilen heftiger Sturm, der vor allem im Winter im zentralen Mittelmeer-Raum Gänsehaut verursacht. Der Hochbeiner hat vor allem den Porsche Macan als Rivalen im Visier.
Bei all den Blicken in die nahe und weitere Zukunft will sich Maserati auch auf seine Wurzeln besinnen und die Besitzer eines Oldtimers mit dem Neptun-Dreizack nicht aus den Augen verlieren. Unter dem wenig überraschenden Namen «Maserati Classiche» wird ein spezieller fachmännischer Service für die Modelle aus allen Epochen ins Leben gerufen. Peter Maahn