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Toyohari-Therapeut: Unbekannter Beruf mit Zukunftspotenzial

Toyohari-Therapeut: Unbekannter Beruf mit Zukunftspotenzial

Toyohari stammt ursprünglich aus Japan, wo die Methode von blinden Akupunktur-Therapeuten geprägt wurde. Bild: Adobe Stock

Naoko König, was ist Toyohari?Toyohari ist eine Verfeinerung der über 2000 Jahre alten konventionellen Akupunktur, die sich von der klassischen chinesischen Medizin ableitet. Es ist eine sanfte Behandlungsmethode, die in Japan entwickelt wurde und ursprünglich von blinden Akupunkteuren ausgeübt und geprägt wurde. Um die Lebenskraft, japanisch Ki, wieder ins Lot zu bringen, werden die zwölf Hauptkanäle, die Meridiane, durch die Ki fliesst, durch Berührung bearbeitet.Wie geschieht das?Toyohari-Therapeuten verwenden spezielle Nadeltechniken. Die sind sehr sanft, da nicht in die Haut eingedrungen wird. Diese Methode erfordert ein hohes Mass an Fingerfertigkeit und Feinfühligkeit, da der Effekt der Nadelung sofort am Puls kontrolliert wird. Die Behandlung ist im Gegensatz zu anderen Formen der Akupunktur schmerzlos und daher besonders geeignet für Kinder, für sehr sensible, erschöpfte Personen, für alle, die Angst vor Nadeln haben, aber auch für alle anderen Personen, die eine sanfte und sehr wirkungsvolle Akupunktur wünschen.

Im Oktober startet in der Ostschweiz ein Projekt, bei dem Notfallpatienten mit Toyohari-Akupunktur behandelt werden können. Naoko König, Oberärztin und Co-Präsidentin des Berufsverbands TAS, gibt Auskunft über diese bei uns noch unbekannte Methode.

Was kann Toyohari?

Toyohari eignet sich, um Beschwerden wie Schmerzen, Verdauungsprobleme oder Schlafstörungen zu lindern, Energie aufzubauen, das Immunsystem zu stärken oder das seelische Gleichgewicht wiederherzustellen. Ich sehe oft, wie sich durch die Behandlung mit Toyohari das allgemeine Wohlbefinden verbessert und das seelische Gleichgewicht einstellt. Die Patienten sind dann besser in der Lage, sich selbst Sorge zu tragen, indem sie auf Stressreduktion im Alltag achten, auf gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung an der frischen Luft, regelmässiger Durchführung ihrer Übungen, zum Beispiel aus der Physiotherapie. Es ist natürlich auch einfacher und motivierender, mehr für sich zu tun, wenn man weniger Schmerzen hat oder besser schläft.

Wieso spürt der Patient bei dieser Methode oft eine sofortige Veränderung?

Das muss nicht sein, aber tatsächlich verspüren viele Patienten sofort deutlich weniger Schmerzen, in der Bewegung eingeschränkte Gelenke können besser bewegt werden. Manchmal ist auch sofort eine allgemeine Entspannung und Beruhigung, körperlich und psychisch, spürbar. Ki bewegt sich schnell, sodass sofort ein Effekt eintritt, wenn eine Blockade gelöst wird und Ki besser fliesst.

Sie arbeiten im Zentrum für Integrative Medizin am Kantonsspital St. Gallen, wer wird hier behandelt?

Wir behandeln viele chronische Schmerzpatienten und onkologische Patienten zur Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens, zur Linderung der zum Teil sehr einschränkenden Nebenwirkungen der Krebstherapie, aber auch Patienten aus anderen medizinischen Disziplinen wie Neurologie oder Gastroenterologie. Wir behandeln bei Bedarf auch stationäre Patienten in allen Abteilungen.

Was ist der Vorteil von Toyohari gegenüber konventioneller TCM-Akupunktur?

Alle, auch sehr schwer kranke und geschwächte Patienten können behandelt werden. Gerade in der Onkologie und der Palliativmedizin, aber auch bei Patienten auf der Chirurgie nach grossen Operationen oder Unfällen wird dies geschätzt. Für mich als Kinderärztin ist sehr schön, dass ich ambulant auch Kinder behandeln darf, vereinzelt auch stationär im Kinderspital.

Wie sind Sie zu diesem Beruf gekommen?

Auf vielen Umwegen. Schon im Medizinstudium und in meiner Facharztausbildung habe ich festgestellt, dass mir die Art der Behandlung in der konventionellen Medizin nicht liegt. Insbesondere hatte ich immer Mühe, kleinen Kindern, auch Neu- oder Frühgeborenen, schon so viele Medikamente geben zu müssen, die ja auch bei Erwachsenen starke Nebenwirkungen haben können. Ich hatte auch oft den Eindruck, dass mit Medikamenten, teilweise auch Operationen zwar die Symptome behandelt werden, eine eigentliche Heilung aber nicht immer stattfindet. So habe ich nach anderen, ganzheitlicheren Methoden gesucht.

In der gesamten Ostschweiz gibt es genau zwei Anbieter von Toyohari – Sie sind eine davon. Warum gibt es nicht mehr Therapeuten, liegt es an mangelnder Akzeptanz in unserer schulmedizinisch geprägten Gesellschaft?

Es liegt vor allem an der fehlenden Bekanntheit der Methode. Um möglichst viele Ärzte und Akupunktur-Therapeuten für die Weiterbildung zu gewinnen, betreiben wir im Verein Toyohari Akupunktur Schweiz TAS aktuell viel Informationsarbeit an Kongressen und in Fachpublikationen. Was die Akzeptanz anbelangt, ist Toyohari in der Schweiz anerkannt. Ärzten wird ein Teil der Toyohari-Ausbildung für den Fähigkeitsausweis FMH Akupunktur angerechnet, Für Akupunktur-Therapeuten sind die Ausbildung und die regelmässigen Trainings anerkannt. Ausserdem ist Toyohari wie klassische Akupunktur krankenkassenanerkannt. Patientinnen und Patienten sind oft überrascht ab dieser ungewohnten Akupunktur-Methode, aber spätestens, wenn sie den Effekt spüren, kommen sie gerne wieder. Ich persönlich wäre sehr froh, wenn es mehr Akupunktur-Therapeuten und auch Ärzte gäbe, die Toyohari anbieten. Meine Warteliste für neue Patienten ist lang, zu lang.

Suzana Cubranovic   

Toyohari-Akupunktur in der Notfallmedizin

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Notfall KSSG. Bild: Nik Roth

Ursprünglich war Akupunktur vor allem als präventive Medizin gedacht, um gesundheitliche Probleme zu vermeiden oder um sie, wenn sie auftreten, rasch zu beheben. Gerade bei akuten, neu auftretenden Problemen ist die Behandlung mit Akupunktur sehr effektiv. Darum startet das Zentrum für Integrative Medizin im Oktober ein neues Projekt in Zusammenarbeit mit der Notfallmedizin. Dabei können Notfallpatienten im Kantonsspital St. Gallen mit akuten Beschwerden wie Rücken- oder Nackenschmerzen oder Schwindel – und sofern keine weiteren medizinischen Abklärungen nötig sind – innert drei Tagen ein bis zwei Termine für eine Akupunktur-Behandlung im Zentrum für Integrative Medizin bekommen. Mit frühzeitiger Behandlung und Beratung soll vermieden werden, dass Beschwerden chronisch werden. Das trägt nicht zuletzt auch einer besseren Wirtschaftlichkeit Rechnung. (scu)
   

Berufsziel Toyohari-Therapeut/in

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Pulsdiagnose. Bild: PD

Der Verein Toyohari Akupunktur Schweiz (TAS) setzt sich für die Förderung und Verbreitung der Toyohari-Akupunktur in der Schweiz ein. Zum einen werden Mitglieder in der Berufsausübung mit regelmässigen Trainings unterstützt, zum anderen wird an Kongressen und in Publikationen informiert. Ziel ist es, dass mehr Ärzte und Akupunktur-Therapeuten die Weiterbildung in Toyohari absolvieren. Die Grundausbildung in Toyohari wird zurzeit in Amsterdam, England und ab 2022 auch in München angeboten. In Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Integrative Medizin am Kantonsspital St. Gallen ist eine Grundausbildung in der Ostschweiz im Gespräch. (scu)

www.toyohari.ch
  

Person

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Dr. med. Naoko König. Bild: zVg

Naoko König hat parallel zum Medizinstudium ein Musikstudium absolviert, danach die Facharztausbildung in Pädiatrie. Sie war unter anderem am Kinderspital Zürich, am Ostschweizer Kinderspital und auf der Neonatologie am Kantonsspital St. Gallen tätig, während sie die Ausbildung in Akupunktur und Toyohari in der Schweiz, in Amsterdam und Tokio besuchte. Die Halbjapanerin, die als Kind ihre Sommerferien bei der Grossmutter in Tokio verbracht hat, liebt es, sich ganz nach japanischer Lebensphilosophie immer weiterzuentwickeln – sei es in ihrer Toyohari-Technik oder ihrer Musik. Naoko König ist in Herrliberg, Zürich, aufgewachsen. Die zweifache Mutter lebt seit 2015 mit ihrer Familie in St. Gallen. Seit 2020 ist die 43-Jährige Co-Präsidentin des Verbands Toyohari Akupunktur Schweiz. (scu)