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Fernfachhochschule Schweiz: Der E-Learning-Boost

Fernfachhochschule Schweiz: Der E-Learning-Boost

Während des Lockdowns wurden Lösungen für die digitale Wissensvermittlung vorangetrieben. Bild: Adobe Stock

Das Tempo, in dem sich Schulen und Universitäten während des Lockdowns mit Lösungen für die digitale Wissensvermittlung auseinandersetzen mussten, war enorm hoch. «Von heute auf morgen den Unterricht komplett online anzubieten und so abzuwickeln, dass sich alle sicher fühlen, war auch für die FFHS als Fernstudieninstitution eine grosse Herausforderung», sagt Markus Dormann, Professor für E-Didaktik an der Fernfachhochschule Schweiz, rückblickend. Er hat mit seinem Team über 400 Dozierende an der FFHS für den Live-Onlineunterricht fit gemacht, indem er sie didaktisch schulte und den technischen Support sicherstellte. Während der Krise häuften sich bei ihm auch Anfragen von anderen Bildungsanbietern.Dozierende werden zu LerncoachsSelbst für digital affine Dozierende bedeutet das Unterrichten via Onlinemeeting-Tools eine herausfordernde Umstellung. Um den Unterricht aus der Ferne erfolgreich durchzuführen, genügt es nicht, einfach Onlinemeetings abzuhalten und die gewohnte Präsenz in den digitalen Raum zu verlegen. «Eine gründliche didaktische Planung ist noch elementarer als im Präsenzunterricht », so der E-Learning-Experte. Das Lernziel der Onlineveranstaltung müsse genau definiert und die Vor- und Nachbereitung darauf abgestimmt werden. Hierfür empfiehlt der E-Didaktiker das Prinzip der «Flipped Classrooms».   

Durch Corona hat E-Learning einen Riesenschritt gemacht. Nun gehe es darum, die gemachten Erfahrungen zu konsolidieren, sagt Markus Dormann, Professor für E-Didaktik an der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS).

Statt wie traditionell den Stoff im Unterricht zu vermitteln und anschliessend mit Hausaufgaben zu üben, dreht die Methode des «Flipped Classrooms» die Wissensvermittlung und -anwendung um. Auf dem Lernmanagementsystem können Studierende die Inhalte zu Hause selbstständig erarbeiten und dann im gemeinsamen Onlineunterricht vertiefen. Folglich werden Dozierende von reinen Wissensvermittlern zu Lerncoachs. Diesen Rollenwechsel zu vollziehen, sei für viele Lehrpersonen noch schwierig, stellt Markus Dormann fest: «Im Lockdown herrschte vielerorts Learning by Doing.»

Umso wichtiger sei es gewesen, den Erfahrungsaustausch sicherzustellen. In einer Webinarreihe zu Onlineunterricht und Onlineprüfungen teilte er sein Know-how mit anderen Bildungsinstitutionen.

KI in Onlineprüfungen

Ein dringendes Anliegen war die Suche nach einer Alternative für die Vor-Ort-Prüfungen, die aufgrund der Schutzbestimmungen organisatorisch schwierig zu bewältigen waren. «Unser Webinar über Onlineprüfungen wurde von mehreren hundert Personen aus dem Eduhub-Netzwerk, der Schweizer E-Learning Community, sowie dem Bereich DACH besucht», sagt Markus Dormann. Dabei beschäftigte die Teilnehmenden vor allem die Frage, wie Onlineprüfungen so zu konzipieren und durchzuführen sind, dass sie keinen Betrug ermöglichen.

An der FFHS wurden in der vergangenen Prüfungssession 4500 Prüfungen von den Studierenden zu Hause abgelegt. Dabei gab es viele technische Hürden zu meistern. Soll die Prüfung auf den eigenen Geräten (BYOD, bring your own device) durchgeführt werden, müssen die Systemvoraussetzungen wie eine stabile Internetverbindung genauestens abgeklärt werden. «Um Betrug vorzubeugen, mussten die Studierenden ihre Webcam während der gesamten Dauer aktivieren und das Video am Schluss hochladen», erzählt Markus Dormann. Die aufwendige Durchsicht der Videos sei einer der Nachteile.

Potenzial sieht Dormann in Zukunft im Einsatz neuer Technologien wie Künstlicher Intelligenz (KI), für die er ein neues Forschungsprojekt lanciert hat. «Das Ziel ist es, ein Prüfungssystem zu entwickeln, das mittels KI noch benutzerfreundlicher wird sowie Betrug verunmöglicht beziehungsweise aufdeckt», sagt Dormann.

«Im Lockdown herrschte vielerorts Learning by Doing.»

Das Projekt wird vom Intel Fonds zum Kampf gegen das Coronavirus unterstützt und soll über die Hochschule hinaus einen Beitrag zur Entwicklung der digitalen Bildung leisten. Weltweit fördert der Chipkonzern Intel die wissenschaftliche Forschung und Online-Learning-Initiativen im Rahmen des Fonds mit 50 Millionen Dollar. Als eines der wenigen im deutschsprachigen Raum wurde das Projekt der Fernfachhochschule Schweiz in das Programm aufgenommen. Die Schweizer Hochschulen kehren aktuell zum Präsenzunterricht zurück. «Der soziale Austausch wird für das Lernen immer eine bedeutsame Rolle spielen», ist sich Dormann sicher. Auf die Frage, was vom Onlineunterricht nach der Krise übrig bleibt, sagt der E-Didaktik-Professor: «Wir sind heute schon sehr viel weiter, als wir es im März waren. Wir haben gelernt, den Studierenden ein virtuelles Klassenzimmer anzubieten, das ihren Bedürfnissen entspricht.» Die Hochschulen seien besser in der Lage, kurzfristig zwischen Präsenz und online zu switchen. Viele Institutionen kommen auf ihn zu, um sich in der Onlinelehre weiterzuentwickeln. Ende September reist Dormann nach Rom, wo er Professoren der St. Anselmo-Universität für Blended Learning-Szenarien schult.

Natascha In-Albon

Person

Fernfachhochschule Schweiz: Der E-Learning-Boost-2

Prof. Dr. Markus Dormann studierte Wirtschaftspädagogik und Soziologie an der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg (D) und forschte anschliessend insbesondere zum Einsatz von digitalen Medien in der Aus- und Weiterbildung. Seit 2019 ist er als Leiter des Departementes E-Didaktik an der FFHS verantwortlich für die Qualität der Onlinekurse, die Weiterentwicklung digitaler Angebote sowie die methodisch-didaktische Schulung von Dozierenden und ist erste Ansprechperson für Kooperationsprojekte mit Hochschulen und Partnern. (nia)
   

Neues zum Semesterstart

Fernfachhochschule Schweiz: Der E-Learning-Boost-3
Bild: Adobe Stock

Universitäten - Eine Umfrage bei den Schweizer Universitäten hat gezeigt: Das Virus führt nicht nur zu Schwierigkeiten, sondern auch zu Innovationen bei den Vorlesungen und zu Verschiebungen bei den Interessen der Studierenden.


Ansturm auf die Universitäten

Statt ein Zwischenjahr fürs Reisen einzulegen oder sich auf dem Arbeitsmarkt zu präsentieren, wird (weiter-)studiert. Die meisten Universitäten verzeichnen für das Herbstsemester einen Anstieg an Studierenden. In Zürich schrieben sich gegenüber Vorjahr 13 Prozent mehr für ein Bachelorstudium ein, beim Masterstudium waren es in Basel 16 Prozent mehr, an der Fernuni über 20 Prozent.

Neues Vorlesungskonzept: «Hybride Lehre»

Die Universitäten legen trotz Ansteckungsgefahr grossen Wert darauf, weiterhin Präsenzunterricht anzubieten. Meist folgt eine stark reduzierte Anzahl Studierender dem Unterricht im Hörsaal, während die anderen Kommilitonen die Vorlesung zu Hause vor dem Computer verfolgen. An der Uni Luzern nennt man dieses Vorgehen «Hybride Lehre», an der Universität St. Gallen ist die Rede vom «Hybriden Konzept». Die Universität Bern verfolgt ein ähnliches Konzept mit «Blended Learning»(integriertes Lernen). Einen besonderen Weg schlägt die ETH Zürich ein. Um den Erstsemestern einen Austausch zu ermöglichen, werden eine Art Schulklassen gebildet, die «Bubbles » (Blasen) genannt werden. Es handelt sich um feste Gruppen à 25 Personen, in denen Studienanfänger gemeinsam Übungen machen und Praktika besuchen. Ziel dieser Struktur ist es, das Risiko von Ansteckungen zu verkleinern und die Nachverfolgung von Kontakten zu gewährleisten. Zusätzlich werden überall die Veranstaltungen auch online angeboten, insbesondere für Angehörige der Risikogruppen.

Fächer wie Medizin und Biologie boomen

Das Coronavirus beeinflusst auch die Fächerwahl der Studierenden. Während in Genf, Lausanne und Zürich das Interesse am Medizinstudium gestiegen ist, wurde in Basel und an der Fernuni häufiger Psychologie gewählt. In Lausanne legen Biologie und Wirtschaft zu, ebenso Sozialwissenschaften und Politik, während in Fribourg Informatik einen Boom erlebt. (rit)