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Explodierende Materialeinkaufspreise drücken auf die Liquidität und die Ertragslage, so die St. Gallener Wirtschaftsprüfer Thomas Keel und Christian Zanettin

Explodierende Materialeinkaufspreise drücken auf die Liquidität und die Ertragslage, so die St. Gallener Wirtschaftsprüfer Thomas Keel und Christian Zanettin

Viele Handwerker legen heute grössere Eigenvorräte für die wichtigsten Grundmaterialien an. Bild: PD

Die Ausläufer der Pandemie und der Krieg in der Ukraine führen in vielen Branchen zu grossen Herausforderungen. Materialeinkaufspreise erhöhen sich im Wochentakt, die Energiepreise vervielfachen sich zum Teil. Das stellt hohe Anforderungen an die Steuerung des Nettoumlaufvermögens, d. h. um die Sicherstellung der Liquidität im Unternehmen.Die Schlagzeilen in den Tageszeitungen über die wackligen Lieferketten aus Fernost waren vorerst eine dunkle Wolke am Horizont, haben sich aber nun innerhalb von wenigen Wochen und Monaten je nach Branche zu veritablen Gewittern entwickelt. Dies stellt die Unternehmer und die privaten Haushalte in verschiedenen Bereichen vor neue Herausforderungen, die sich in dieser Prägnanz schon länger nicht mehr gezeigt haben.

Materialeinkauf und Energiepreise

Zahlreiche Unternehmer erhalten in kurzen Abständen von ihren Lieferanten Preiserhöhungen mitgeteilt. So kommen die Zusammenhänge in den weltweiten Lieferketten zum Vorschein, die man in ruhigen Zeiten gar nicht zur Kenntnis nimmt. Oder haben Sie gewusst, dass Kalk ein wichtiger Bestandteil für das Herstellen von Platten für Küche und Bad ist? Und dass dieser durch die Hersteller in Italien zu grossen Teilen aus dem aktuellen Kriegsgebiet bezogen wird? Der steigende Gaspreis hat neben dem Heizen und Kochen für verschiedene Produktionsbetriebe einen grossen Einfluss, welche mit Gasturbinen Wärme für ihre Produktionsprozesse erzeugen. So benötigt eine Sägerei solche Prozesse, um den Brettern die Feuchtigkeit zu entziehen, damit die Produkte schnell auf dem Markt verkauft werden können.

Lagerhaltung

Viele Handwerker legen sich in diesen Zeiten grössere Eigenvorräte für die wichtigsten Grundmaterialien an. So benötigt der Spengler viel Kupfer für seine Arbeiten, der Fensterbauer Holz für die Fensterrahmen und der Plattenleger wie bereits angesprochen eine Plattenauswahl. Die Unternehmer versuchen damit, einerseits die eigene Lieferfähigkeit zu gewährleisten und andererseits vielleicht noch Preisvorteile herauszupicken. Schliesst der Handwerker mit dem Bauherrn einen Werkvertrag, so möchte auf beiden Seiten möglichst hohe Sicherheit über die Kosten erreicht werden. Der Handwerker beschafft sein Material zu möglichst günstigen Preisen, damit seine Kalkulation für den Auftrag aufgehen kann. Der Bauherr möchte Sicherheit über die Investitionskosten und dass sein Projekt in der vereinbarten Frist abgeschlossen werden kann.

Preise fest bis Bauvollendung

Dies sind vier unscheinbare Worte, die in vielen Werkverträgen drinstehen. Gerade bei länger andauernden Bauobjekten kann dieser Passus fatal sein. So kalkuliert der Baumeister seine Angebote mit einem Einheitspreis für Beton und Armierungseisen oder Stahlelementen. Die Bauarbeiten ziehen sich über Monate und zum Teil Jahre hin. Die jüngste Preisspirale ist seit dem Februar 2022 erst so richtig in Schwung gekommen. So sind wohl zahlreiche vor dieser Periode erstellte Angebote heute nicht mehr kostendeckend. Steckt ein Unternehmer in einem derartigen Auftrag fest, so wäre in extremen Fällen die Rückgabe des Auftrags mit entsprechenden Konventionalstrafen günstiger, als den Auftrag mit den hohen Einkaufspreisen fertigzustellen. Das sind komisch anmutende Gedanken, die wir im Wirtschaftsleben schon länger nicht mehr wälzen mussten.

Liquidität und Kreditmanagement

Zentrales Thema in diesem Umfeld ist die Steuerung der Liquidität, bindet doch die höhere Lagerhaltung die flüssigen Mittel stark. Muss Fremdkapital aufgenommen werden, so prüft der Kreditgeber die Ertragslage und die Zukunftsaussichten. Tiefere Margen aus den genannten Gründen und eine eher unsichere Ausgangslage für die nächsten Monate beeinflussen die Kreditwürdigkeit negativ. Zudem müssen viele Covid-19-Kredite seit dem ersten Quartal 2022 tranchenweise zurückgeführt werden. Das stellt manchen Unternehmer auf die Probe. Fallen im Rahmen der Finanz- und Liquiditätsplanung mittel- oder kurzfristig mögliche Engpässe auf, sollten Unternehmen so früh wie möglich auf die Problematik reagieren und das Gespräch mit ihren Kreditgebern suchen, um gemeinsam eine geeignete Strategie entwickeln zu können, wie Liquiditätsengpässe überbrückt werden können.

Autoren

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Thomas Keel
Betriebsökonom HWV, dipl. Wirtschaftsprüfer, Senior Partner, Keel+Partner AG, 9001 St.Gallen

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Christian Zanettin
lic. oec. HSG, dipl. Wirtschaftsprüfer, Partner, Keel+Partner AG, 9001 St.Gallen