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Ein Hauch von Freiheit und Draufgängertum

Jeep steht seit 80 Jahren weltweit für amerikanische Alltagskultur, so wie sonst nur die Bluejeans oder Coca-Cola. Einst als Kriegsgerät entwickelt, brachte der Jeep den globalen SUV-Hype in Gang.

Ein Hauch von Freiheit und Draufgängertum

Von den Schlachtfeldern bis in die Vorstädte: Zivile und militärische Jeep-Modelle aus den vergangenen acht Jahrzehnten. Bild: PD

Nicht einmal die Volksrepublik China konnte sich der Faszination von Jeep entziehen, dieser Marke des damaligen Klassenfeinds und des Inbegriffs amerikanischer Lebenskultur: Schon 1984 kam es zur Gründung der Beijing Jeep Corporation, die in Peking den Jeep Cherokee, einen Pionier des SUV-Trends, produzierte. Zu dieser Zeit war Jeep allerdings längst rund um den Globus als Gattungsbegriff für geländegängige Allradler etabliert, so wie Cola und Coke für koffeinhaltige Limonade stehen und Jeans einen Kleidungsstil verkörpern – fast immer assoziiert mit dem freien und liberalen US-Lifestyle.Woher der Name Jeep wirklich stammt, weiss niemand mit letzter Gewissheit. Fest steht, dass der Markenname vor 80 Jahren Eingang in die Medienwelt fand, als der Chef-Testfahrer von Willys-Overland den ersten in Grossserie gebauten Geländegänger mit den Worten vorstellte: «It’s a Jeep.» Dieser mitten im Zweiten Weltkrieg für die US Army entwickelte Jeep war nicht der Erfinder des Offroaders, aber er brachte die 4x4-Fahrzeuge ab 1941 in die Massenproduktion und wurde als siegreicher automobiler Kriegsheld weltweit bekannt.

Nie geahnte Grösse

Heute gilt Jeep als eine der kostbarsten Automarken weltweit, deren Wert amerikanische Finanzexperten auf mehr als 20 Milliarden Euro taxierten, zum Stellantis-Konzern. Mit einem Jahresabsatz von rund 1,5 Millionen Fahrzeugen hat die US-Marke eine Grösse erreicht, die sich die meisten ihrer vielen früheren Besitzer – darunter anfangs Willys-Overland, später Kaiser Jeep, AMC, Chrysler, Daimler Chrysler sowie Fiat Chrysler – nicht hätten träumen lassen.

Erst recht nicht von der heute global präsenten Marken-Popkultur aus Jeep-Fashion-Outlets, kunstvoll dekorierten Bussen namens Jeepney auf den Philippinen, Games wie «Jeep Thrills», der Jeep Parade, über 2500 automobilen Hauptrollen in Kino- und TV-Abenteuern und der Nutzung des Begriffs «Jeep» als Synonym für Allradautos. Und wenn SUV heute die weltweit begehrteste Fahrzeugkategorie verkörpern, ist auch dies auf jenes Vielzweckmobil zurückzuführen, das im Sommer 1941 in Serie ging.

Zum 80. Geburtstag der Marke ist der Renegade auch als moderner Plug-in-Hybrid im Jeep-Programm.

Damals stand der Eintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg bevor, und die Armee vergab den Auftrag für den Bau eines leichten 4x4-Aufklärungsfahrzeugs. Die konstruktiven Vorgaben der Ausschreibung waren so hart gewesen, dass sich nur die kleine American Bantam Car Manufacturing Company und der Hersteller Willys-Overland mit Prototypen um den Regierungsauftrag beworben hatten. Erst auf Druck der US-Regierung präsentierte auch Ford den Typ GP (Government Contract P) mit Traktormotor. Das beste Konzept bot jedoch der Bantam 40 BRC, während der Willys-Overland Quad mit seinem 44 kW/60 PS starken «Go-Devil»-Vierzylinder tatsächlich wie der Teufel losstürmte. Am Ende wählte die Army einen Mix aus Bantam und Willys Quad – der Willys MA, genannt Jeep, war geschaffen.

Nach wenigen Monaten wurde dieser erste Jeep durch die Serie MB ersetzt, die Ford und Willys bis 1945 in 645 000 fast baugleichen Einheiten produzierten. Wo die amerikanischen Soldaten mit dem 3,33 Meter kurzen und 44 kW/60 PS starken, stets olivgrünen Willys «Jeep» vordrangen, wurden sie als Befreier gefeiert, und das Vehikel mit zuschaltbarem Allradantrieb gewann global Bekanntheit wie Cowboys, Colt und Cola.

In den USA gab es bereits ab 1944 den Willys Jeep CJ-1 (Civilian Jeep). Für den Export und die Lizenzfertigungen auf fünf Kontinenten stellte Willys-Overland 1945 den Jeep CJ-2A vor, der in der autohungrigen Nachkriegswelt neue Pfade, Pisten und Äcker eroberte und als CJ-3B bis in die 80er-Jahre auch europäische Streitkräfte stärkte. Friedliche Absichten verfolgte der 1946 eingeführte familienfreundliche, siebensitzige Jeep Station Wagon, der mit seiner Stahlkarosserie die SUV-Bewegung initiierte, allerdings erst 1949 mit optionaler Allradtechnik ausgestattet wurde.

Besonders prominent prangte das inzwischen gesetzlich geschützte Jeep-Logo am 1955 lancierten Jeep CJ-5, der insgesamt während 29 Jahren verkauft wurde und über den ab 1976 parallel angebotenen CJ-7 in gerader Linie bis zum CJ-10 für die frühen 80er-Jahre führte. Dann musste sich Jeep etwas Neues und Moderneres einfallen lassen: Wrangler hiess der 1987 lancierte Erbe des CJ – gemacht für eine neue «Freizeitgesellschaft », die bis dahin auf günstige japanische Offroader setzte, um zur nächsten Diskothek oder Beachparty zu fahren. Klar, dass der Wrangler mehr konnte und sich auch als Arbeitstier bewährte, und seit diesem Jahr wird er auch als Plug-in-Hybrid gebaut, ehe Jeep eine vollelektrische Variante des Urgesteins einführen wird.

Für die Lifestylekundschaft

Aggressive Expansionspläne verfolgte Jeep schon in den frühen 60er-Jahren. So brachte Jeep 1962 den Wagoneer als Pionier der Offroader im Kombilook. Dieses Multitalent mit PW-Komfort galt als revolutionärstes Modell seiner Zeit, ähnlich wie der 1974 folgende Jeep Cherokee jüngere Lifestylekunden begeisterte und der Jeep Grand Cherokee ab 1993 mit 5,9-Liter-V8 beeindruckte. Ein Offroader als Muscle-Car? Jeep zeigte Amerikanern, Arabern, Russen und Briten das Suchtpotenzial seines Leistungsträgers. Als Grand Cherokee Trackhawk mit 6,2-Liter-V8 brachte es der Jeep am Ende auf 710 PS Leistung und 3,7 Sekunden für den Spurt auf 100 Kilometer pro Stunde – die Werte eines Supersportwagens. Die Verbrauchswerte spielten dabei natürlich keine Rolle.

Andererseits gehörte Jeep seit 2014 zum von Sergio Marchionne gelenkten Fiat-Chrysler-Konzern, und der Chef wusste, wie er den weltgrössten Geländewagenhersteller glänzen liess und die Verkaufszahlen fast verfünffachte: mit Imageträgern wie Trackhawk und Wrangler sowie mit dem neuen, in Europa gebauten City-SUV Renegade. Zum 80. Geburtstag der Marke ist der Renegade ebenso wie die meisten Jeeps auch als moderner Plug-in-Hybrid im Jeep-Programm. Eine Zwischenetappe auf dem Weg zu vollelektrischen Jeep-Modellen, die der amtierende Chef Christian Meunier für die Zukunft im Visier hat, inklusive eines «Baby-Jeeps». Wolfram Nickel