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Den Quantensprung geschafft

Harley-Davidson Sportster S. Der US-Hersteller bringt mit der S-Version das erste Modell der neuen, völlig umgekrempelten Sportster-Baureihe. Die gefällt – bis auf eine Kleinigkeit.

Den Quantensprung geschafft

Mit der Sportster S bringt Harley-Davidson das zweite Modell mit dem neuen Revolution-Max-1250-Motor. Bilder: Harley-Davidson

Knapp vier Monate nach der Reise-Enduro Pan America bringt Harley-Davidson bereits das zweite Modell mit dem vollkommen neuen Revolution-Max-1250-Triebwerk. Die Sportster S ist das Topmodell der neuen Modellfamilie. Infolge diverser technischer Änderungen leistet der nun Revolution Max 1250T genannte Motor zwar 30 PS weniger als in der Pan America, doch das tut dem Fahrspass keinerlei Abbruch.Der bei Bedarf bis 9500 Touren drehende Vierventil-V2 liefert nämlich starke 90 kW/122 PS und dazu im unteren und mittleren Drehzahlbereich deutlich mehr Drehmoment und deshalb ein kräftiges Plus an Kraft. Verglichen mit den Fahrzeugen der 2020 letztmals im Programm befindlichen Sportster-Modellreihe, stellt die Sportster S als Erstling der neuen Sportster-Ära einen Quantensprung in Leistung, Technologie und Design dar.

Anders als zuvor ist die Sportster S ein Hingucker: Oberarmstarke, in der Art eines Scramblers halbhoch verlegte Auspuffrohre samt Endschalldämpfern auf der rechten Seite, farblich abgesetzte Magnesium-Bauteile am mächtigen V2, ein aggressiv dreinblickender LED-Querscheinwerfer, ein ultrakurzes Rahmenheck, ein extrem breiter Vorderreifen – die US-Neuheit geizt nicht mit optischen Auffälligkeiten. Auch der an kräftigen Stahlrohren fixierte Kennzeichenträger am Heck sticht ins Auge; an ihm scheiden sich die Geister deutlich stärker als an den anderen genannten Details. Klar ist jedenfalls: Wer diese eigentlich als Powercruiser wirkende Sportster S fährt, fällt auf und zeigt, dass er nicht auf Massengeschmack steht.

Harley hat technologisch alle Register gezogen

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Die elektrische Livewire verzichtet künftig auf das Harley-Branding.

Der V2 arbeitet kraftvoll und dabei stets kultiviert, gibt sich nirgendwo eine Blösse. Markiger Durchzug aus 2000 Touren ist im Sportmodus genauso wenig ein Problem wie ein Drehzahlfeuerwerk jenseits des bei 6000 U/min. anliegenden Drehmomentmaximums. In den anderen beiden Fahrmodi Road und Rain gibt sich das Triebwerk zurückhaltender, agiert weniger aggressiv.

Zwei weitere Fahrmodi lassen sich individuell festlegen. Fast überflüssig zu sagen, dass auch eine Kurven-Traktionskontrolle sowie ein Kurven-ABS an Bord sind; ein Tempomat, selbstrückstellende Blinker, ein TFT-Runddisplay mit allen gängigen Connectivity-Schikanen sowie eine schlüssellose Zündung werden ebenfalls serienmässig geliefert.

Auffällig schon am stehenden Fahrzeug sind zwei technische Details: Im extrem breit bereiften Vorderrad – 160 Millimeter stellen eine Rekordbreite dar – ist nur eine einzelne Scheibenbremse für die Verzögerung montiert; die ist zwar 32 Zentimeter gross, gelocht und wird von einem radial montierten Vierkolben-Bremssattel in die Zange genommen, ist aber angesichts von 122 PS und 228 Kilogramm Leergewicht unüblich. Erfreulicherweise haben beide Details, Single-Scheibe wie der breite Reifen, keine negativen Auswirkungen auf das Fahrbzw. Bremsverhalten. Die Sportster S verzögert absolut zuverlässig und geht auch bei harter Beanspruchung nicht spürbar in die Knie. Und das Einlenk- sowie Kurvenverhalten ist nicht zäh, sondern neutral. Stabil und flink flitzt die Styling-Queen um Kurven, solange diese nicht in Spitzkehren ausarten. Bis zu 34 Grad Schräglage sind möglich, ehe die weit vorn montierten Fussrasten Bodenkontakt aufnehmen. Mehr als nur zügiges Cruisen ist also allemal drin. Die mögliche Höchstgeschwindigkeit von 220 Kilometern pro Stunde macht sich nur noch auf dem Datenblatt gut.

Mit Nehmerqualitäten ist man klar im Vorteil

Die Sitzposition auf der Sportster S im Feet-forward-Stil kann man durchaus als bequem bezeichnen; kleinere Fahrer mit kurzen Beinen haben allerdings Mühe, Schalthebel und Bremspedal zu erreichen. Nicht nur für sie stellt die Alternativ-Fussrastenanlage zur Montage in der Fahrzeugmitte eine vorteilhafte Alternative dar – so umgerüstet, macht diese Harley ihrem Namen Sportster schon eher die Ehre, weil eine aktivere Sitzposition die Folge ist. Vorteilhaft sind die mittig platzierten Fussrasten auch, um das Gesäss leichter entlasten zu können. Der hintere Federweg ist nämlich mit fünf Zentimetern arg schwächlich dimensioniert, sodass Kanaldeckel und andere harte Fahrbahnmisslichkeiten gern direkt ans Fahrerkreuz weitergegeben werden. Die Möglichkeit, das Federbein individuell zu justieren, ändert daran nichts Grundsätzliches. Wer über Nehmerqualitäten verfügt, ist jedenfalls klar im Vorteil.

Unüblich klein ist mit knapp zwölf Litern der wunderbar anzuschauende Tank; die Reichweite beträgt dank eines Normverbrauchs von lediglich 5,1 Litern auf 100 Kilometer rund 200 Kilometer. Diese Distanz lässt sich auf der neuen Sportster S mit breitestem Grinsen zurücklegen, sofern die Strassenqualität im zur Verfügung stehenden Revier gut oder gar sehr gut ist. Die Sportster S gibt es ab 17 850 Franken. Ulf Böhringer
  

Der Name wird Programm

In den USA hat Motorradhersteller Harley-Davidson das fürs neue Modelljahr marginal überarbeitete Elektromotorrad Livewire vorgestellt und den Modellnamen zur Marke gemacht. Der in Livewire One umgetaufte Einspurstromer zeichnet sich durch eine neue Seitengrafik auf der Tankattrappe mit Livewire- statt Harley-Davidson-Schriftzug aus. Ausserdem wird sie nur noch in den Farben Schwarz und Weiss angeboten. Technisch hingegen gibt es keine nennenswerten Änderungen. Dafür allerdings beim Preis, den hat Harley von vormals knapp 30 000 auf nunmehr 22 000 Dollar reduziert. Kommendes Jahr dürfte Harley-Davidson eine entsprechende Preissenkung auch für den europäischen Markt einführen. Derzeit ist die Harley-Davidson Livewire noch immer ab 36 500 Franken im Angebot. (spx)