Ein über siebenhundert Jahre altes Schloss mit einer wechselvollen Geschichte, mit unzähligen Nutzungsänderungen und ebenso vielen baulichen Anpassungen bedeutet für Architekten und Denkmalpfleger, genau hinzuhören, was der Bestand zu erzählen hat; genau hinzusehen, was die letzten Generationen verändert hatten und wie die heutigen Bedürfnisse angemessen in den Bestand integriert werden können. Im Jahre 2012 hat sich der Verein mit einem neuen, unbedingt notwendigen Projekt befasst. Die Statik und der Zustand des Restaurants und des alten Wehrganges waren in einem besorgniserregenden Zustand. Die Konstruktion, die auf Holzstützen im Innenhof abgestützt ist, hat sich im Laufe der Jahrzehnte um ca. 30 bis 40 Zentimeter gesenkt. Holz ist in gewisser Weise sehr geduldig und nimmt viele Verformungen in Kauf, nur aus diesem Grund hat sich die Konstruktion noch gehalten. Nach mehrjähriger Planung, Untersuchungen, Expertisen und Besprechungen mit dem Eidgenössischen und Kantonalen Denkmalamt konnten das Konzept und der Umfang für die Sanierung erarbeitet werden. Eine besondere Herausforderung war es auch, die bestehende Gastronomie bei den geplanten Arbeiten zu integrieren, zu verbessern und den heutigen Bedürfnissen anzupassen.
Amriswil Eine grosse Herausforderung für Architekten und Denkmalpfleger war es, das Gebäude den heutigen Bedürfnissen anzupassen, ohne den Charme des Ursprünglichen zu verlieren.
An der GV des Vereins konnten dann den Mitgliedern im Jahre 2015 das Projekt und eine Grobkostenschätzung vorgestellt werden. Im Januar 2018 konnte mit der 1. Etappe im Bereich Wehrgang begonnen werden, diese wurde bis im Mai 2018 fertiggestellt. Diese 1. Etappe sollte eine «Versuchsetappe » für die 2. Etappe sein.
Die 2. Etappe konnte nach der finalen Planung dann am 6. Januar 2020 begonnen werden. Die Demontagen und Restaurationsarbeiten an den bestehenden Konstruktionen stellten an die Unternehmer höchste Anforderungen und haben den Zeitplan sehr strapaziert. Vieles kam erst mit dem Rückbau der Schichten zum Vorschein und musste fortlaufend flexibel in die Planung und ins Budget aufgenommen werden. Nur dank dem grossen Einsatz der Unternehmer und der Bereitschaft, länger zu arbeiten, konnten die Arbeiten fristgerecht fertiggestellt werden. Gerade in dieser schweren Zeit der Coronapandemie stiessen die Arbeiter manchmal an ihre Grenzen.
Eine unterschätzte Aufgabe war die Erfüllung der Brandschutzanforderungen, welche in der Kombination «historisches Schloss» und «Gastronomiebetrieb mit zahlreichen Gästen» viel umfassender als geplant ausfielen und oftmals nur mit viel Kreativität und konstruktivem Miteinander in den historischen Kontext eingefügt werden konnten.
Die neuzeitliche Statik und ihre Möglichkeiten machen sich vor allem im Innenhof bemerkbar. Hier wurde bewusst auf die heutigen Techniken Wert gelegt. Man soll sehen, was neu gemacht wurde und was alte, bestehende Substanz ist. Der Innenhof wurde «aufgeräumt» und bietet so für Anlässe im Schloss viele neue Möglichkeiten. Ein besonderes Augenmerk wurde auch auf die bekannten Schlossfestspiele gelegt.
Innenausbau mit zeitgemässer Infrastruktur
Hauptintention waren eine zeitgemässe Infrastruktur mit einer Verbesserung der betrieblichen Abläufe und eine Erweiterung des Angebots in der Gastronomie. Die unterschiedlichen Niveaus auf dem Hauptgeschoss konnten zwar nicht ausgeglichen und damit auch die hindernisfreie Gestaltung nicht vollends erreicht werden. Zusätzliche Buffets für den Nordteil und im neu ausgebauten Wehrgang, in Ergänzung zum neuen Buffet in der Gaststube für den Südteil, ersparen unzählige Wege, welche bis anhin durch die zentrale Küche hindurch erfolgen mussten.
Restaurant und Nebenstube erhalten
Die Gaststube und die Nebenstube mit ihren charakteristischen Biedermeiermalereien aus dem Jahr 1956 sollten in Absprache mit der Denkmalpflege integral erhalten werden. Das bedeutete, dass jedes Bauteil sorgfältig ausgebaut, nummeriert und nach der Neurichtung des Skelettbaus mit angepassten Massen wieder eingebaut werden musste. Ebenfalls konnte nun auch Wert auf die Akustik gelegt werden. Mit speziellen Akustikdecken wurde ein gute Raumakustik geschaffen, was den Aufenthalt im Restaurant spürbar angenehmer werden lässt..
Neuer Wehrgang schafft mehr Platz
Als neues Element konnte der sogenannte Wehrgang zusätzlich ausgebaut werden. Er diente bisher als kalter Lager und Abstellraum. Konnten bereits Gast- und Nebenstube durch ein Hebefenster zusammen oder getrennt genutzt werden, ist dieses praktische Element auch zwischen Nebenstube und Wehrgang neu eingebaut worden. Dieser reizvolle Effekt verlangte allerdings nach Stilelementen, welche verbindend und trotzdem eigenständig den Raumeindruck prägen. Eigenständig ist die unverkleidete Decke, welche eine angenehme Raumhöhe ergibt und die Dachstruktur mit den alten Sichtbalken erlebbar macht.
Bei allen Interventionen war der Anspruch an eine zeitgemässe Formensprache, an authentische Materialien und hochwertige handwerkliche Verarbeitung gefordert. Alt und Neu sollten zusammen ein Ganzes bilden und wieder für eine Generation warme Gastlichkeit ausstrahlen.
Zeitgemässe Gastronomie
Das neu eingerichtete Restaurant und der komplett neue Wehrgang sollten für den Gast ein Platz zum Wohlfühlen und Verweilen sein. Wie bei jedem Bau musste natürlich auch hier das Budget eingehalten werden. Das Unterfangen erschien nicht selten als annähernd unlösbar. Kreative und aussergewöhnliche Ideen und Umsetzungen von gewieften Planern und Handwerkern machten schlussendlich fast alles möglich.
Um die ersehnten neuen Räumlichkeiten auch zeitgemäss aus der Küche versorgen zu können, wurde die Kücheninfrastruktur modernisiert und erweitert. Auch hier waren schlanke Abläufe und ein effizientes Arbeiten, nebst dem Erhalt der alten Substanz, die obersten Ziele. In knapp zwei Monaten wurde nicht nur die Küche umgebaut, sondern auch ein neues Buffet eingebaut.
Nur kurz nach der Fertigstellung beendete der Lockdown den Ersatzbetrieb abrupt. Bis zur Fertigstellung der neuen Gastro-Räumlichkeiten konnten die Investitionen dann aber doch noch sehr gut genutzt werden, und auch für Bankette steht nun eine Top-Infrastruktur im rückwärtigen Bereich zur Verfügung.
Das neu gestaltete Restaurant begrüsst die Gäste mit einer eindrücklichen Buffetfront. Stammgäste erkannten das vorhergehende Restaurant in den erhalten gebliebenen Wandtäfern wieder. Zusätzliche Fenster in den Hof lassen die etwas länger und leicht breiter gewordene Nebenstube viel einladender oder grosszügiger erscheinen als vor dem Umbau.
Der Einsatz einer schallabsorbierenden Decke gewährleistet selbst bei voller Besetzung der Räume eine angenehme Akustik. Eine Lüftung mit Klimaanlage sorgt für angenehme Temperaturen und frische Luft, auch an heissen Sommertagen. Sichtbare Handwerkskunst zieht sich wie ein roter Faden durch die gastronomischen Räume. Im neuen Teil, dem Wehrgang, konnte der Kreativität freien Lauf gelassen werden. Die modern interpretierten Wände harmonieren perfekt mit den ursprünglichen Sichtbalken, die dem Raum einen einzigartigen Charme verleihen. Ideal ist dieser Raum für Feiern aller Art mit bis zu ca. 35 Gästen. Grosszügige Spender machten den Ausbau des Wehrgangs durch den Kauf von Ritterstühlen erst möglich. In nur sieben Monaten Bauzeit konnte das Werk dem Betreiber wieder übergeben werden.
Vielen Dank an alle beteiligten Planer, Unternehmer und Handwerker. Ohne ihren gossen Einsatz wäre die Umsetzung des Projektes nicht möglich gewesen. Einen speziellen Dank auch den Behörden, der kantonalen und eidgenössischen Denkmalpflege und der Stadt Amriswil, für ihre gosse Unterstützung bei der Abwicklung und den schnellen Entscheiden zugunsten des Wasserschlosses Hagenwil.
Architektenbericht durch Schalch + Kaczmarek und Atelier Bottlang
Planerbox
Architekten
SCHALCH + KACZMAREK ARCHITEKTURBÜRO GMBH
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8586 Erlen
Telefon 071 644 93 60
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Atelier Bottlang AG
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Bauingenieur / Stahlbeton und Baugrund
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Hauptstrasse 54
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Der Verein der Freunde des Wasserschlosses Hagenwil
Wir schreiben das Jahr 2006 – ein besonderes Jahr für das einzige Wasserschloss in der Ostschweiz. «200 Jahre Familie Angehrn auf dem Wasserschloss » wurde gefeiert. Aber nicht nur an die Vergangenheit wurde gedacht, ebenso wichtig war im Mai 2006 der Gedanke an die Zukunft des Wasserschlosses. Damit sein kultureller Wert auch für künftige Generationen und der freie Zugang für die Öffentlichkeit gesichert werden kann, muss die historische Bausubstanz des einzigartigen Schlosses erhalten werden. Zwei Stadträte und initiative Frauen und Männer aus Amriswil und der näheren Umgebung waren sich bewusst, dass ein privater Eigentümer nicht in der Lage sein wird, die notwendigen und aufwendigen Restaurationen zu finanzieren, um das gesteckte Ziel zu erreichen.
So wurde der «Förderverein der Freunde des Wasserschlosses» gegründet und in den letzten 14 Jahren wurden diverse Projekte, wie das Grossmutterstübli, der Rittersaal und nun das rund 3,2 Mio. Franken teure Projekt zur Sicherung der Statik und zur Belebung des unteren und oberen westlichen Wehrganges realisiert. Der Verein hat sich grossartig entwickelt und umfasst heute 637 Mitglieder, aufgeteilt in 563 Mitglieder natürlicher und juristischer Personen, 45 VIP-Mitglieder mit einem Jahresbeitrag von 500 Franken und 29 lebenslange VIP-Mitglieder, die einen einmaligen Beitrag von 7500 Franken geleistet haben. Der Vorstand freut sich und ist auch ein wenig stolz, dass innert weniger Jahre der Vereinszweck, nämlich die Vornahme von objektbezogenen Renovationen und deren Finanzierung sowie die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und der Behörden für den kulturellen Wert des Wasserschlosses, derart eindrücklich umgesetzt werden konnte. Dazu hat auch die Besitzerfamilie Angehrn in siebter Generation viel beigetragen.
Wir danken unseren treuen Mitgliedern, den Behörden, der Besitzerfamilie, den Sponsoren, den Planern und Handwerkern für das Gestalten, Finanzieren und Mittragen des gelungenen Werkes.
Der Präsident: Bernhard Koch
Der Vizepräsident: Urs Fischer