Der Ekkharthof bietet über 200 Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Unterstützungsbedarf Lebens- und Entfaltungsraum. Hier finden sie die Möglichkeiten, eine heilpädagogische Schule zu besuchen, eine berufliche Ausbildung zu absolvieren oder einer Arbeit in den geschützten Werkstätten und Förderateliers nachzugehen.Nach über 45 Betriebsjahren musste die Anlage in Lengwil erneuert und ausgebaut werden. Veränderte Lebensbedürfnisse, neue gesetzliche Vorschriften sowie die normale Alterung der bald einmal 50-jährigen Gebäude führten zum dringenden Handlungsbedarf.Dem Ekkharthof mangelte es vor allem an Platz. In der Küche mit Speisesaal, wo die Küchencrew täglich 300 Mahlzeiten produziert, waren die Platzverhältnisse sehr beengt. Gerade auch, weil mit den Jahren der Bedarf nach einer Diätküche entstanden ist und geschützte Arbeits- und Ausbildungsplätze geschaffen wurden. Ebenso waren Anpassungen im Schulhaus dringend erforderlich. Insbesondere waren die Schulzimmer zu klein und Gruppenräume und Turnhalle fehlten. Neben den Platzverhältnissen war der fehlende Ankunfts- und Empfangsbereich für Besucher ein Problem.
Lengwil: Der Ekkharthof liegt eingebettet in grüner Landschaft mit Sicht auf den Bodensee. Nach über 45 Betriebsjahren wurde die Anlage erneuert und ausgebaut. Gelände und Architektur haben dabei die gewünschte Öffnung zur Gesellschaft hin erfahren.
Begegnungen ermöglichen
Die Planungsarbeiten wurden 2011 mit einer Machbarkeitsstudie an die Hand genommen. Zusammen mit dem renommierten Planungsbüro Strittmatter Partner AG wurde mit Blick auf das Potenzial des gesamten Areals die konzeptionelle Grundlage für die gewünschten betrieblichen Veränderungen und die zukünftige Weiterentwicklung geschaffen. Dabei hatte man immer die gewünschte Öffnung des Ekkharthofs im Blick, die sowohl durch offen wirkende Bauten wie auch durch eine grosszügige Umgebungsgestaltung erreicht werden sollte.
Am öffentlich ausgeschriebenen Studienauftrag beteiligten sich fünf profilierte Architekturbüros. Die vielschichtige Ausgangslage verlangte hohe Anforderungen vom Projektpartner und vom Auftraggeber. Von den kreativen und qualitativ hochstehenden Lösungsvorschlägen, die präsentiert wurden, hatte sich das Beurteilungsgremium einstimmig für das Projekt der Lukas Imhof Architekten in Zürich ausgesprochen.
Das Team aus Zürich schlug wenige, jedoch präzise Eingriffe vor, mit denen die vorhandenen Mängel behoben werden sollten. Die in vielerlei Hinsicht für Besucher irritierende Eingangssituation wurde durch einen offenen und grosszügig angelegten Platz verbessert. Um diesen Platz gruppieren sich die öffentlich zugänglichen Gebäude. Dazu gehören der Empfangsbereich, das Bistro, der Bioladen, der grosse Saal mit Bühne und das Schwimmbad. Das soll zu einer höheren Publikumsfrequenz und Identität führen. Das neue Gastronomiegebäude «Cantina» fasst den Platz gegen Süden ein und schliesst gleichzeitig den Innenhof zur umliegenden Kulturlandschaft ab. Das Gastronomiegebäude mit Grossküche und Speisesaal inszeniert die Landschaft: eine Säulenhalle aus Eschenholz, sich selbst aussteifend, rundum geöffnet, steht auf einem Betonsockel, der aus dem leicht fallenden Terrain wächst. Der Speisesaal mit 200 Sitzplätzen liegt erhöht im Hochparterre. Verglaste Wände geben den prächtigen Blick über den Bodensee, über Felder und die grosse Spielwiese frei. Die Grossküche mit Funktionsräumen und Anlieferung befindet sich im Parterre, die Kühl-, Lager- und Umkleideräume im Untergeschoss. Für das Gebäude, das mit seiner Holzkonstruktion und Fensterfront sehr auffällt, hat der Architekt kurz nach Fertigstellung die Auszeichnung «Gutes Bauen Ostschweiz» bekommen.
Zwischen Gastronomiegebäude und Haupteingang entstand ein offener Platz für Begegnungen und die ursprünglich introvertierte Architektur des Architekten Rex Raab wurde im Eingangsbereich geöffnet. Rückzugsund Ruhemöglichkeiten bieten sich weiterhin im Garten- und Wiesenraum im Zentrum des ganzen Geländes. Im Dialog mit dem neuen, sich öffnenden Empfangsplatz, hat das Areal eine anregende und einladende Ausstrahlung bekommen.
Auch die Gehwege erfuhren eine Aufwertung durch eine neue Wegführung mit lauschigen Sitzgelegenheiten und mit einem Erlebnisrundgang, der besonders für Familien mit Kindern sehr attraktiv ist. Viele Spielmöglichkeiten – vom begehbaren Labyrinth über die faszinierende Grünefelder-Kugelbahn, Outdoor-Musikinstrumente bis zum Streichelzoo – verlocken zu einem Sonntagsausflug.
Das bestehende Schulhaus wurde nach über 45 Betriebsjahren saniert und mit einem dritten Gebäudeflügel, der neuen Turn- und Mehrzweckhalle, ergänzt. Die Unterrichtszimmer und Gruppenräume wurden vergrössert und die Zugänge gefahrenfrei gestaltet. Lehrerzimmer sowie Büros für die Schulleitung und Schulsekretariat, die sich im Dachgeschoss befinden, wurden über ein verbreitertes Treppenhaus mit Lift erschlossen.
Die Bauarbeiten dauerten vom Spatenstich im Juni 2017 bis zum Herbst 2019, wo die Hauptbauten dann offiziell eingeweiht wurden. In Anwesenheit von Behördenvertretern des Kantons und der Gemeinde würdigte der damalige Regierungspräsident Jakob Stark den Bau als ganz besonders gelungen und schön. Ein ganzes Jahr sollte es aber noch dauern, bis das ganze Projekt seinen Abschluss fand und der Ekkharthof nun offen zur Gesellschaft hin dasteht.
Erfolgreiche Spendenaktion
Die Baukosten in der Höhe von 23,5 Mio Franken wurden zu einem Grossteil vom Kanton Thurgau finanziert. Einen Eigenanteil von rund 2,2 Mio Franken musste der Ekkharthof-Verein aber selber aufbringen. Mit einem breit angelegten Fundraising und ganz vielen kleinen und grösseren Aktionen ist das Spendenziel heute bis auf ein paar wenige tausend Franken erreicht. (pd)
Architekt
Lukas Imhof Architektur GmbH
www.lukasimhof.ch
Bauleitung
Forster & Burgmer Architekten
Generalunternehmer AG
www.fobu.ch
Planer
Bauingenieur
Ingenieurbüro A. Keller AG
Sangenstrasse 12
8570 Weinfelden
Telefon 071 626 27 77
www.akellerag.ch