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Jetzt kommen die Modul-Modelle

Europa hängt China ab

Jetzt kommen die Modul-Modelle

Der Lexus UX 300e ist eine gut gemachte Umrüstung auf Basis des UX, das Design bleibt bis auf den Schriftzug gleich. Bild: PD

Nun schiessen sie wie Pilze aus dem Boden, die Elektroautos. Lange Zeit war das Angebot dürftig und die Nachfrage nicht der Rede wert, doch aktuell wächst beides exponentiell. Im laufenden Jahr wurden in der Schweiz per Ende November 14 861 Elektroautos verkauft – damit hat sich der Marktanteil im Vergleich zum Vorjahresmonat quasi verdoppelt, von 3,7 auf 7,2 Prozent. Und auch das Angebot an Elektroautos hat sich im gleichen Zeitraum enorm vergrössert – die hohen Investitionen, die die grossen Autohersteller in den vergangenen Jahren getätigt haben, tragen endlich Früchte. Der Blick in die nähere Zukunft zeigt: Das Angebot an E-Autos wird massiv zunehmen, und das liegt in erster Linie an deren Konstruktionsweise. Moderne Autos, ganz egal mit welchem Antrieb, bauen auf einer Grundarchitektur auf, einer Plattform mit Fahrwerk, Antriebsstrang und der entsprechenden Stahlstruktur.

Die etablierten Hersteller wollen den Markt geradezu fluten mit Elektroautos. Dazu haben sie mit Milliardenaufwand modulare Plattformen zur Herstellung entwickelt.

Aufbau wie ein Skateboard

Dieses Prinzip hat Volkswagen mit dem Modularen Querbaukasten (MQB) für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor vorgemacht – quer durch die Konzernmarken und Fahrzeugsegmente wurden etliche Modelle auf dem MQB aufgebaut. Die grossen Hersteller haben in den letzten Jahren mit milliardenhohen Investitionen solche modularen Architekturen spezifisch für den Elektroantrieb entwickelt.

Solche Plattformen gleichen sich alle im Prinzip, der Aufbau ähnelt – vereinfacht gesagt – einem Skateboard: ein in der Länge variabler Boden mit vier Rädern, ein Elektromotor an der Hinterachse, optional ein zweiter Motor an der Vorderachse für Allradantrieb. Flach in der Mitte sind die Batteriepakete verbaut – je nach Länge des Fahrzeugs passen mehr Batterien hinein, was die Reichweite entsprechend vergrössert, aber auch den Preis nach oben treibt. So können vom Kleinwagen über den Mittelklassekombi bis hin zum grossen SUV ganz unterschiedliche Autos verschiedener Marken auf der gleichen technischen Basis aufgebaut werden – Grösse, Leistung, Reichweite und Ausstattung können ohne grossen Anpassungsaufwand der Fahrzeugklasse entsprechend gewählt werden.

VW einmal mehr Pionier

Mit dem Modularen E-Antriebs-Baukausten (MEB) sind es erneut die Wolfsburger, die als erster Hersteller eine variable Plattform spezifisch für reine Elektrofahrzeuge entwickelt haben. Der VW ID.3 ist das erste Produkt auf dieser Basis, viele weitere werden folgen: Der Konzern hat 75 neue Elektroautos bis 2029 angekündigt und will in diesem Zeitraum 26 Millionen E-Autos in Europa, den USA und China auf die Strasse bringen. Die Tochtermarken Audi und Porsche haben ihrerseits die PPE (Premium Platform Electric) für besonders leistungsstarke und hochpreisige E-Autos entwickelt.

Die Konkurrenz hat derweil nachgezogen. General Motors präsentierte im März seine modulare E-Plattform und hat damit Grosses vor: «Wir stehen an der Schwelle zur Umsetzung eines profitablen E-Fahrzeuggeschäfts, das die Bedürfnisse von Millionen von Kunden erfüllen kann», prophezeit GM-Präsident Mark Reuss. Auch der französische PSA-Konzern, der nach dem Zusammenschluss mit Fiat Chrysler FCA ab nächstem Jahr Stellantis heissen wird, hat mit der eVMP (Electric Vehicle Modular Platform) eine solche Architektur entwickelt, auf der ab 2023 Elektrofahrzeuge der Marken Peugeot, Citroën, Fiat, Jeep und anderer gebaut werden sollen. Und nun haben mit Toyota und Hyundai/Kia zwei weitere Autoriesen ihrerseits eine modulare Elektro-Plattform vorgestellt. Das Rennen im E-Segment läuft also auf vollen Touren.

Hyundais neue E-Plattform, die auch die Marken Kia und Genesis verwenden wollen, heisst E-GMP (Electric Global Modular Platform). Die Koreaner wollen darauf Steilheck- und Stufenheck- Limousinen, SUV, Sportautos und sogar Robotaxis bauen, und auch High-Performance-Fahrzeuge von Hyundai N und Fahrzeuge für den Motorsport sind denkbar. Im Vergleich zur aktuellen BEV-Frontantriebsplattform, welche Hyundai parallel verwenden will, soll die neue Heckantriebsplattform E-GMP für eine bessere Effizienz und höhere Reichweiten sorgen. 500 Kilometer und mehr sollen möglich sein, und geladen wird sehr schnell: Dank 800-Volt-Technik und einer Ladeleistung von 240 kW kann in fünf Minuten Strom für 100 Kilometer Reichweite «getankt» werden. E-GMP kann aber auch mit einer Spannung von 400 Volt laden, dann aber mit maximal 150 kW und entsprechend langsamer. Dank der neuen Plattform wollen die Koreaner 23 neue E-Modelle bis 2025 auf die Strasse bringen. Das erste Modell wird der neue Hyundai Ioniq sein, der im Frühling auf den Markt kommt. Toyota setzt zwar weiterhin voll auf den Hybridantrieb und arbeitet überdies daran, den Wasserstoffantrieb massentauglich zu machen. Doch auch die Japaner wollen vom BEV-Hype profitieren und haben mit der e-TNGA ihrerseits eine modulare Plattform spezifisch für batterieelektrische Fahrzeuge entwickelt. Auch diese Plattform ermöglicht Front-, Heck- oder Allradantrieb sowie die Skalierung auf diverse Fahrzeugsegmente und Marken. Das erste Modell darauf sei bereits entwickelt – ein Kompakt-SUV, der zusammen mit Subaru vermarktet wird. Mehr will Toyota noch nicht bekannt geben, aber so viel verrät Chefentwickler Koji Toyoshima schon mal: «Wir arbeiten an sechs neuen BEV, allein oder mit Partnern.» Auch von den Japanern wird es künftig also diverse Elektroautos geben. Dave Schneider
     

Europa hängt China ab

Europa wird in diesem Jahr erstmals Weltmarktführer bei den Elektroautos. Laut Zahlen der US-Nonprofitorganisation Center Automotive Research wurden in den ersten neun Monaten in der EU und dem Vereinigten Königreich 768910 elektrifizierte Fahrzeuge (E-Autos und Plug-inHybride) verkauft. China kam im gleichen Zeitraum auf 662000. Betrachtet man allein die Verkäufe der rein elektrischen Autos, liegt China mit 511000 Fahrzeugen an der Spitze – in Europa waren es lediglich 418140. Insgesamt wurden in China mit 17,1 Millionen Autos fast doppelt so viele Neuwagen zugelassen wie in Europa. (red)