Lieber Klasse als Masse: So hat Citroën zwar den einen oder anderen Mainstream-Kunden verloren, dafür aber den Ruf des Avantgardisten unter den Volumenherstellern gewahrt. Dem werden die Franzosen jetzt wieder gerecht. Denn wenn zu Preisen ab 23 800 Franken der neue C4 an den Start geht, ist der zwar nicht mehr ganz so unkonventionell und stachelig wie sein Vorgänger Cactus, stempelt die meisten Konkurrenten aber als schmuckes SUV-Coupé trotzdem zu Biedermännern ab.
Das gilt nicht nur für das Karosseriedesign mit dem bulligen Unterbau und dem schnittigen Dach, das lediglich um die Heckleuchten herum eher albern als avantgardistisch wirkt, sondern auch für den Innenraum. Das digitale Cockpit mit dem frei stehenden Bildschirm daneben kennt man zwar aus anderen Modellen des PSA-Konzerns, doch das Ambiente hat nach wie vor seine ganz eigene Note: Rautenförmige Lüfterdüsen, Sitze, die gerne Sessel wären, und eine Rückbank wie ein Sofa machen einen vornehmen Eindruck, selbst wenn sich die Kunststoffe unter ihrer fantasievollen Narbung bisweilen ein wenig billig anfühlen. Den Preis für den Nonkonformismus der Designer zahlen vor allem die Hinterbänkler. Denn obwohl der C4 stolze 4,36 Meter misst, sind die Platzverhältnisse im Fond eher bescheiden. Die Beinfreiheit ist bei 2,67 Metern Radstand allenfalls durchschnittlich, beim Einsteigen muss man den Kopf einziehen, und die flach abfallende Heckscheibe schleift dabei bisweilen am Haupthaar. Immerhin fasst der Kofferraum solide 380 Liter.
Grosszügiger Stauraum
Aber das Denken abseits der ausgetretenen Pfade hat auch seine Vorteile, die man zum Beispiel vor dem Beifahrer bewundern kann: Wo andere nur ein schnödes Handschuhfach haben, surrt hier eine Tablet-Halterung aus der Konsole und macht dem Sozius das Surfen leicht – fehlt nur noch der passende Stromanschluss. Dafür gibts allerdings gleich noch eine Art Schublade, in der das Tablet beim Parken verschwindet. Und darunter reicht es trotzdem noch für ein riesiges Staufach, sodass sich die Ablagen im C4 total auf 39 Liter summieren.
Basis für den neuen Vorstoss in der Kompaktklasse ist die bewährte CMP-Plattform, die im PSA-Konzern bereits breite Verwendung findet – zuletzt zum Beispiel beim Opel Corsa und demnächst beim Mokka. Deshalb ist die lange Liste der Assistenzsysteme von der Abstandsregelung bis zur aktiven Spurführung keine Überraschung, und man wundert sich allenfalls noch über das altbackene Head-up-Display mit der Kunststoffscheibe zum Ausklappen.
Und auch die Dreifaltigkeit der Antriebe kommt einem doch bekannt vor: Nach dem Motto «the power of choice» bedienen die Franzosen alle Fraktionen und bieten Dieselmaschinen genauso an wie Benzin- und E-Motoren. Beim Diesel setzen sie auf einen Vierzylinder mit 1,5 Litern Hubraum und 110 oder 130 PS und bei den Benzinern auf einen Dreizylinder mit einem Liter Hubraum und 100, 130 oder später 150 PS. Und wie die allermeisten Premieren des PSA-Konzerns der letzten Monate parkt auch der C4 auf Wunsch an der Ladesäule: Genau wie e-Corsa und Co. fährt er dann mit einer 136 PS starken E-Maschine und einem 50 kWh grossen Akku bis zu 350 Kilometer weit und erreicht dabei Geschwindigkeiten bis zu 150 Kilometer pro Stunde. Allerdings steigt der Preis dann auf 35 900 Franken für die günstigste Version Live Pack. Wer die teuerste Version Shine Pack bestellt, muss 46 700 Franken investieren. Für die Verbrenner kommen die Franzosen beim Verbrauch auf Normwerte von bestenfalls 4,8 Litern. Geschaltet wird dabei von Hand oder automatisch mit acht Gängen – und auch wenn der C4 nach SUV aussieht, bleibt es beim Frontantrieb.
Auf Komfort ausgelegt
Wobei das Fahren ohnehin eher Mittel zum Zweck ist im Citroën und sich die Franzosen gar nicht erst mit der forschen Gangart ihrer Konkurrenten messen wollen: Von der 1,5 Zentimeter dicken Polsterung auf den Sitzen bis zum Aktiv-Fahrwerk mit hydraulischem Anschlag oder der betont leichtgängigen Lenkung ist alles auf kuscheligen Komfort ausgelegt, und der C4 macht eher auf Laissez-faire als auf Leistungsdruck.
Den spürt dagegen Markenchef Vincent Cobée, der sich bei der Rückkehr mit dem C4 ins noch immer grösste Segment des europäischen Marktes an Erfolgsmodellen wie dem Golf genauso messen muss wie am Volkswagen-Kompakt-SUV Tiguan. Doch an Zuversicht mangelt es dem Franzosen deshalb nicht: «Mit dem neuen ë-C4 und dem neuen C4 rüstet sich die Marke für ein starkes Comeback in dieser sehr wichtigen Klasse.» Dabei kann er nicht zuletzt auf reichlich Erfahrung beim Bau von über 12 Millionen Autos in bald 100 Jahren zählen. Denn den ersten C4 haben die Franzosen bereits 1928 präsentiert. Da war nicht nur der Golf noch nicht erfunden, auch vom Käfer war da noch nicht die Rede, geschweige denn von Volkswagen. Thomas Geiger
Supercharger lädt in 30 Minuten bis auf 80 Prozent
Je nach der täglichen Fahrleistung und den Ladelösungen stehen dem neuen Elektromodell ë-C4 verschiedene Lademodi zur Verfügung. Zu Hause an einer Wallbox mit 7,4 kW benötigt es beispielsweise zwölf Stunden, um die Batterie auf 100 Prozent aufzuladen, und zirka fünf Stunden an einer 11-kW-Wallbox. An einer öffentlichen Ladestation mit einem 100-kW Supercharger sind die Ladezeiten deutlich schneller, und die Batterie wird innerhalb von 30 Minuten auf 80 Prozent aufgeladen. In den Ladeanschluss sind farbige LED integriert, um den gesamten Ladevorgang visuell nachverfolgen zu können. Der Status kann zudem über die App My Citroën abgerufen werden. Das Aufladen kann programmiert oder zeitversetzt gestartet werden, um von Zeiten mit günstigeren Tarifen zu profitieren. Diese Programmierung ist über den Touchscreen im Fahrzeug oder die App My Citroën abrufbar. (red)