Das alte Ich wäre in einem Kompaktvan – und dann noch mit Elektroantrieb – in eine Depression gestürzt. Nichts versinnbildlicht für alte, auf Fahrspass und Sexappeal bedachte Ichs so sehr eine Niederlage wie ein elektrischer Kompaktvan. Doch nun gibt es eben ein neues Ich: verantwortungsbewusst, zukunftsgewandt, geläutert, weil inzwischen ein weiteres Ich dazugekommen ist, das mit seinen «Uäääh»- und kryptischen «Odndodn»-Lauten zwar über ein beschränktes Vokabular verfügt, nichtsdestotrotz aber das letzte Wort hat.Das betrifft zunächst den Platzbedarf. Das alte Ich hat nie verstanden, warum die kleinsten Menschen nach den grössten Autos verlangen. Das neue Ich kennt mit Kinderwagen, Windeltaschen, Spielzeug und Co. Materialschlachten, als ginge es täglich auf Weltreise. Kommen weitere Familienmitglieder und dereinst noch Fahrräder, Tretroller oder vielleicht ein Gokart dazu: Nervenzusammenbruch! Oder man wählt zum Beispiel den auf dem Nutzfahrzeug Jumpy basierende Spacetourer von Citroën. Er ist verfügbar mit 4,6, 5,3 oder im Falle des getesteten Modells 4,95 Meter Länge und bis zu neun Sitzplätzen, wobei sich die beiden 2+1-Sitzreihen im Fond bequem auf Schienen verschieben oder zugunsten des Stauraums entfernen lassen.
Reichlich Platz und Komfort
Der erste Eindruck: Niederlage, klar. Aber dank der gehobenen Shine-Ausstattung mit bequemen Ledersesseln unter dem grosszügigen Glasdach mit Würde zu ertragen. Also nichts wie die extrabreite Seitentür geöffnet (schlüssellos, elektrisch und optional per Fusswisch), Kind im Kindersitz versorgt (uääh), den Kinderwagen hinter der Heckklappe abgestellt (bei vorgeschobener zweiter Sitzreihe sogar unzerlegt) und die Heckscheibe nochmals separat geöffnet, um etwas fast Vergessenes nachträglich zu verstauen (irgendetwas fast Vergessenes taucht immer auf). Und das alles erfreulich stressfrei. Wer den ganzen Tag mit Bauklötzen hantiert, ist dankbar, beim Fahrzeugbeladen nicht noch Tetris spielen zu müssen.
Das Cockpit wirkt erwachsen, aber mit kinderleichter Bedienung. In Sachen Digitalisierung mag der ë-Spacetourer kein Flaggschiff sein, gibt aber mit bewährten Features wie einem Head-up-Display, 7-Zoll-Touchscreen und einer vernetzten 3-DNavigation keine Rätsel auf. Auf Knopfdruck startet der 100-kW-Motor und setzt den Wagen auf eine Art und Weise in Bewegung, die das alte Ich gelangweilt hätte, das neue aber gar nicht genug schätzen kann: lautlos! Und spätestens nach einer Viertelstunde in dieser mühelos dahingleitenden Sänfte mit ihren weichen und ähnlich wie in einem SUV erhöhten Sitzen sowie dem ruhebringenden langen Radstand verstummt sogar das «Uäääh» im Fond – daran ändern auch die relativ lauten Windgeräusche nichts.
Für die Stadt wie geschaffen
Stundenlang liesse es sich so vor sich hin gondeln, vorbei am eigentlichen Ziel. Warum nicht tatsächlich auf Weltreise? Das Gepäck dazu ist ja an Bord. Wenn nur nicht die Restreichweite in der Morgenkälte und bei Steigungen so erschreckend dahinschmelzen würde! Das alte Ich: Habs doch schon immer gesagt, ein 50-kWh-Akku gehört nicht in einen Zweitonner! Das neue Ich: Zugegeben, die Variante mit 75-kWh-Akku für 330 statt 220 Kilometer Reichweite wäre die bessere, wenn auch mit einem Preis ab 60 200 statt 51 700 Franken teurere Wahl. Das alte Ich: «Noch besser wäre das entsprechende Modell mit 120-PS-Diesel ab 48 300 Franken – Geld gespart, Nerven geschont. Das neue Ich: Mindestens 7,8 Liter Sprit auf 100 Kilometer verheizen, um sich später vom Kind Beihilfe zum Klimamord vorwerfen zu lassen? Nein, dann lieber akkuschonend bei 80 Kilometer pro Stunde und deaktivierter Heizung zur nächsten Ladestation tuckern. Dauert ja nur 30 Minuten an der Schnellladestation. (Theoretisch, wenn eine in der Nähe ist.) Sonst eben vierdreiviertel Stunden an der 16-A-Wallbox. (Vorausgesetzt, man hat das passende Kabel dabei.) Ach, dann eben 31 Stunden an der Haushaltsteckdose.
Fazit: Der getestete Citroën ë-Spacetourer ist wahrscheinlich das perfekte E-Auto für Familien, die ganz viele Kinder haben (siebenmal «Uäääh»!), ganz nah an einer Schnellladestation wohnen oder ganz viel Zeit zum Stromtanken haben. Die gute Übersichtlichkeit dank kastenförmiger Karosserie macht den Wagen ja durchaus stadttauglich, die Parkpiepser und Rückfahrkamera funktionieren tadellos, die Fahrzeughöhe stellt in Parkhäusern kein Problem dar.
Kleinfamilien dagegen nutzen eine 50-kWh-Batterie vielleicht besser in einem kompakteren Modell wie dem Citroën ë-C4 und nehmen dafür das gelegentliche Lade-Tetris in Kauf. Nebst seinen komfortablen 350 Kilometer Reichweite verspricht der Crossover ja tatsächlich so etwas wie Fahrspass und Sexappeal. Obwohl, dann kann man ja gleich Tetris in einem Sportwagen spielen (altes Ich)! Hm, meinst du wirklich (neues Ich)? «Uäääh» (letztes Wort). Nina Treml
Citroën und Tesla sind im Onlinebusiness führend
Das deutsche Fachmagazin «Auto Motor und Sport» und das Beratungsunternehmen Concertare haben getestet, welche Kauf- und Beratungsangebote die 33 grössten Automarken Deutschlands im Internet bieten. Das Ergebnis: Richtig gut sind nur die Onlineangebote von Tesla und Citroën. «Viele Hersteller vermitteln nur den Eindruck, dass der Kunde online ein Auto erwerben kann», sagt Concertare-Geschäftsführerin Rabab Charara. Zwar liefern die Hersteller genug Infos zu Modellen und Finanzierungen. Doch wenn es um Beratung geht, überzeugen nur wenige Marken. Mit Tesla und Citroën gibt es nur zwei Firmen, die von der Modellsuche bis zum Vertragsabschluss einen guten Service bieten. Dabei schwingt Testsieger Tesla mit 230 von 260 möglichen Punkten obenaus. Citroën erreichte mit 200 Punkten Platz 2. Dahinter folgen Kia (180 Punkte), Audi (170), Opel (160) und Mercedes-Benz (150). (lie)