Man werde wegen der Corona-Pandemie keine Fahrzeugprojekte einstellen, heisst es von offizieller Seite bei Porsche. Zwar standen die Bänder in allen Produktionsstätten der schwäbischen Sportwagenmarke für rund sechs Wochen komplett still, und Porsche musste weltweit wie fast alle Hersteller beim Absatz ein Minus verbuchen – in der Schweiz resultierte ein Plus von 8,1 Prozent von Januar bis Ende September –, dennoch erzielte die Marke in den ersten drei Quartalen eine Umsatzrendite von 10,4 Prozent.
Beim Taycan wird es nicht bleiben. Die Stuttgarter treiben ihre Elektrifizierungsstrategie mit Milliardenaufwand voran. In den kommenden drei Jahren soll es vier weitere Stromer geben.
An Geld für Investitionen in die Zukunft mangelt es also nicht. Porsches Plan sieht vor, in den nächsten drei Jahren zehn Milliarden Euro in die Hybridisierung, Elektrifizierung und Digitalisierung zu stecken. Derzeit hat man sechs Modelllinien im Portfolio, wobei die Baureihe 718 – dahinter verbergen sich Cayman und Boxster – die älteste ist. Sie dürfte spätestens 2023 erneuert werden. Schwer vorstellbar, dass die beiden Einsteigermodelle dann noch mit konventionellen Verbrennern (Vierzylinder-Boxster) die Kunden begeistern sollen. Auch die Plugin-Hybridtechnik macht in diesem Segment (zu geringer Bauraum) wenig Sinn. Eher ist mit einer Vollelektrifizierung zu rechnen. Absichten in diese Richtung liess Finanzvorstand Lutz Meschke verlauten, der kürzlich dem britischen Fachmagazin «Top Gear» sagte: «Die nächste Generation dieses Autos wäre ein guter Zeitpunkt, um vollelektrisch zu fahren.» Den Fokus legt Porsche hier hauptsächlich auf China. Dort sind die heutigen 718er fast nur in den grossen Städten unterwegs. Eine batterieelektrische Auslegung des ehemaligen Mittelmotorkonzepts wäre also mehr als sinnvoll.
Nach einem ersten Update des Taycan (jetzt mit 22-kW-AC-Onboard-Lader) bereitet Porsche für 2021 den Launch des Taycan Cross Turismo vor. Aufnahmen im Netz zeigen die getarnte Version des Sportkombi-Derivats bereits bei letzten Testfahrten. Optisch bewegt sich das Modell sehr dicht an der Studie «Mission E Cross Turismo», die man 2018 am Auto-Salon in Genf präsentierte.
Macan ab 2023 vollelektrisch
Als weiteres BEV (Battery Electric Vehicle) haben die Stuttgarter die nächste Generation des Macan (ab 2023) in der Pipeline. Der SUV wird der erste Porsche sein, der auf der zusammen mit Audi entwickelten PPE-Architektur (Premium Platform Electric) basiert, eine Weiterentwicklung der Plattform, wie sie auch unter dem Taycan und dem Audi e-tron GT steckt. Gebaut werden soll der Strom-Macan in Leipzig. Die Werkserweiterung lässt man sich 600 Millionen Euro kosten. Parallel produziert Porsche in Leipzig das jetzige Modell aber weiter, so lange, wie die Nachfrage anhält. Und die ist derzeit mit gut 100 000 Einheiten jährlich immer noch sehr hoch. Auch der elektrische Macan muss die aussergewöhnlichen Anforderungen, die Porsche an ein Performance-Elektroauto stellt, erfüllen. Dazu zählen eine zehnmalige Maximalbeschleunigung von null auf 100 Kilometer pro Stunde und viermal von null auf 200 ebenso wie eine Rennrunde auf der Nordschleife des Nürburgrings, ohne dass das Batteriemanagement dabei ins Notprogramm verfällt. Wie der Taycan wird der Macan mit einem 800-Volt-System ausgerüstet. Fünf Minuten Laden sollen so rund 100 Kilometer neue Fahrstrecke liefern.
Mehr 911-Carrera-Derivate
Für 2023 könnte die Ablösung der Panamera-Limousine anstehen. Ob sie neben konventionellen Verbrennern und Plug-in-Hybrid auch in einer vollelektrischen Version unterwegs sein wird, will Porsche derzeit aber noch nicht beantworten. Im Hinblick auf die E-Limousinen Mercedes EQS und Jaguar XJ – beide kommen bereits im nächsten Jahr – wäre die BEV-Lösung aber durchaus denkbar.
«Nicht darstellbar», wie Porsche es nennt, ist derzeit ein komplett elektrischer 911. Damit wird die Ikone der Marke das letzte Modell sein, das seinen Verbrennungsmotor verlieren wird. Und es ist noch nicht einmal gesagt, dass man dies bei der Nachfolgegeneration des 992 (circa 2026) im Fokus hat. Momentan beschäftigen sich die Entwickler nach bewährtem Muster mit weiteren Derivaten des 911 Carrera der Baureihe 992. 13 Modelle gibt es bereits. Über 20 könnten es zuletzt noch werden. Es fehlen unter anderem noch der GTS als Coupé und Cabrio, die abgespeckte Version 911 T, und sicherlich werden die Marketingstrategen in Zuffenhausen sich erneut einen sündhaft teuren 911 R ausdenken, limitiert auf 992 Exemplare. Freunde des Rennsports dürfen sich auf GT3 und GT3 RS sowie GT2 RS freuen.
Michael Specht
Zweistellige Rendite trotz Corona
Porsche hat in den ersten drei Quartalen des Jahres 2020 trotz weltweiter Corona-Krise ein operatives Ergebnis von zwei Milliarden Euro erreicht. Bei einem Umsatz von 19,4 Milliarden Euro betrug die Umsatzrendite in den bisherigen neun Monaten 10,4 Prozent. Das operative Ergebnis sank im Vergleich zu 2019 zwar um 28 Prozent, dennoch ist Lutz Meschke, Vorstand für Finanzen und IT und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Porsche AG, sehr zufrieden: «Wir profitieren jetzt davon, das wir ständig unsere Prozesse optimieren.» Die so gesteigerte Effizienz ermögliche es Porsche, trotz der angespannten Situation in der Automobil-Industrie eine zweistellige Rendite zu erreichen. «Ich bin auch für die nächsten Monate optimistisch », sagt der Vorstandsvorsitzende der Porsche AG, Oliver Blume: «Der neue 911er und unser Elektro-Sportwagen Taycan zeigen unsere Innovationskraft, ihre Verkaufszahlen übertreffen unsere Erwartungen.» Vom Sportwagenklassiker 911 wurden in den ersten neun Monaten 25 400 Fahrzeuge ausgeliefert, das sind ein Prozent mehr als im Vorjahr. Der rein elektrische Taycan kam im September 2019 auf den Markt, er wurde zwischen Januar und September an knapp 11 000 Kunden übergeben. Seit Jahresbeginn hat Porsche weltweit 191 547 Fahrzeuge an seine Kunden ausgeliefert. Das waren fünf Prozent weniger als 2019. (lie)