Für Umweltschützer ist er ein rotes Tuch, für einige Fachleute «das Beste aus zwei Welten», und die Autobauer könnte er legal vor drohenden CO2-Strafen schützen: Der Plug-in-Hybrid bleibt auch weiterhin der umstrittene Bruder des Elektroautos. Hier die wichtigsten Infos zur umstrittenen Technik.Was genau ist ein Plug-in-Hybrid?Der Plug-in-Hybrid wird gelegentlich als «Brückentechnologie » zwischen dem Verbrennungsmotor und dem E-Antrieb bezeichnet. Denn dank einer kleinen Batterie fährt er kurze Strecken (meist rund 50 Kilometer, Reichweite steigend) rein elektrisch, danach springen Benziner oder Diesel dem E-Triebwerk zur Seite. Vorteil: Gegenüber einem reinen Elektroauto mit grossem Akku sind die Kosten deutlich geringer, Reichweitenangst ist unnötig. Auf der Minus-Seite stehen eine geringe elektrische Reichweite und ein grundsätzliches Effizienzproblem. Denn im E-Betrieb stören das Zusatzgewicht und die Extrakosten von Verbrennungsmotor, Abgasstrang und Co., während bei der Hybridfahrt der für diesen Fall überdimensionierte Akku mitbewegt werden muss.
Der Plug-in-Hybridantrieb ist ein Kompromiss – nicht in jeder Hinsicht ein guter. Fünf Fragen und Antworten zur umstrittenen Brückentechnologie.
Welche Plug-in-Hybride und was kosten sie?
War das Angebot zunächst auf grosse SUV und grosse Business-Limousinen beschränkt, sind Steckdosen-Hybride mittlerweile in allen Klassen vom Kompakt-Segment an aufwärts zu haben. Besonders breit ist das Programm jedoch immer noch bei den deutschen Premiumherstellern, aber auch bei ihren ausländischen Wettbewerbern, die die Elektrifizierung zum politisch geforderten Drücken ihrer CO2-Flottenbilanz brauchen. Billig sind Plug-in-Hybride nicht; allein schon, weil der zweite Motor einige Zusatz-PS liefert, wodurch die PHEVs jeweils in der Modellhierarchie und damit auch in der Preisliste relativ weit oben stehen. Die günstigsten Angebote starten jenseits der 40 000-Franken-Marke und liegen damit meist deutlich über Verbrenner-Niveau.
Wie gut ist ein Plug-in-Hybrid für die Umwelt?
Das kommt darauf an. Prinzipiell kann er seine Vorteile bei Schadstoff- und CO2-Emission am besten im reinen E-Betrieb realisieren. Dieser Umstand verlangt eine gewisse Ladedisziplin beim Nutzer, die aber bislang offenbar häufig fehlt. Zumindest heisst es von Leasinggebern, dass sie bei Rückläufern häufig noch ein original verpacktes Ladekabel im Kofferraum finden.
Darüber hinaus gibt es bei der Klimafreundlichkeit aber auch grosse Unterschiede zwischen einzelnen Herstellern und Modellen, wie ein Test des deutschen ADAC gerade ergeben hat. Demnach warten einige Fabrikate schon bei 50-prozentigem Elektrofahrt-Anteil mit positiver CO2-Bilanz auf, andere erst bei 80 Prozent.
Als Vergleichsmodell zogen die Experten jeweils die Dieselvariante des Modells heran, neben dem Kohlendioxidausstoss im Betrieb wurde auch berücksichtigt, wie viel des Klimagases in der Produktion der Fahrzeuge und des Kraftstoffs beziehungsweise Stroms entsteht. Im Testfazit kritisiert der ADAC die Intransparenz bei Verbrauch und Emissionen. Und fordert die Hersteller auf, die Verbrauchswerte für das rein elektrische Fahren sowie den Betrieb mit Verbrennungsmotor bei leerer Antriebsbatterie anzugeben.
Wie gut ist der Plug-in-Hybrid für den Geldbeutel?
Über geringe Energiekosten im Strombetrieb rechnet sich ein teurer Plug-in-Hybrid nur mit ganz langem Atem. Nimmt man einen optimistischen Praxisverbrauch von 15 kWh auf 100 Kilometern an, zahlt man für diese Strecke im Schnitt weniger als vier Franken. Also auch weniger als für die meisten Diesel und Benziner. Künftig dürften die Preise für Strom und Sprit allerdings wieder auseinandergehen.
Wie geht es mit dem Plug-in-Hybrid weiter?
Technisch gesehen, geht der Trend zu grösseren Reichweiten, einzelne Modelle kommen bereits in den 100-Kilometer-Bereich. Noch wichtiger ist aber etwas, was man als «Stromlade- Disziplinierung» der Kundschaft bezeichnen könnte. Denn der Plug-in-Hybrid muss noch nachweisen, dass er bei der CO2-Senkung und Luftreinhaltung nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Realität helfen kann. Ansonsten droht ihm in Europa der Entzug seiner E-Auto-Privilegien – seien es Steuervorteile oder die Ausnahme von Einfahrtbeschränkungen. Mehrere Ansätze könnten dabei helfen, darunter vor allem ein Ausbau der Ladeinfrastruktur, der das Auftanken nicht nur am Arbeitsplatz leichter und komfortabler machen würde. Darüber hinaus experimentieren Hersteller wie Fiat mit Geofencing-Software, die den Antrieb so steuert, dass in Innenstädten automatisch emissionsfrei gefahren wird.
BMW hingegen hat ein Bonuspunktesystem angekündigt, mit dem regelmässiges Laden durch Prämien belohnt wird. Was wie ein Spielchen klingt, hat durchaus einen ernsten Hintergrund: Beginnend ab dem kommenden Jahr, müssen die Autohersteller den realen Praxisverbrauch ihrer in Kundenhand befindlichen Autos an die EU melden – der Plug-in-Hybrid sollte spätestens dann ein sauberes Gesicht zeigen können. Holger Holzer
Steigende Marktanteile
Alternative Antriebe sind in der Schweiz auf dem Vormarsch: Nach fünf Monaten 2020 liegt der Marktanteil von Hybrid (HEV), Plug-in-Hybrid (PHEV), Elektrisch, CNG (Gas) und Wasserstoff bei 21,4 Prozent oder 16 840 Fahrzeugen, wovon am Stromnetz aufladbare Modelle nicht ganz die Hälfte ausmachen. Im Vorjahresmonat lag der Marktanteil erst bei 10,4 Prozent. Angeführt wird die Alternativtabelle von den Hybridfahrzeugen (8841 Autos) vor den Stromern (4341) und den Plug-in-Hybriden mit 3336 Fahrzeugen. Auto-Schweiz, die Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure, warnt aber: «Die Corona-Krise könnte dazu führen, dass bei Anschaffungen in den kommenden Monaten eher auf günstigere Modelle ohne Elektromotor zurückgegriffen wird». (red)