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Morgen zahlt das Auto

Bargeld kommt zunehmend aus der Mode. Künftig dürften viele Menschen auch aus dem Auto heraus elektronisch bezahlen. Dazu muss das Fahrzeug nur wissen, wer man ist.

Morgen zahlt das Auto

Bestimmte Rechnungen begleicht das MBUX-System von Mercedes-Benz bereits heute auf Knopfdruck. Bild: PD

Das Auto zahlt seine Rechnungen künftig selbst. Die fahrende Person benötigt dann weder Münz für das Parkticket, noch muss sie sich in die Schlange der Tankstellenkasse stellen. «In-Car-Payment» nennt sich die Technik, an deren breitem Einsatz nicht nur die Autohersteller fieberhaft arbeiten.Daimler beispielsweise sieht das automatisierte Bezahlen unter dem Aspekt von Komfort und Luxus, treibt die Entwicklung vor allem deswegen voran. «Künftig kann ich aus meinem Auto heraus bei meinem Lieblingsitaliener nicht nur Pizza bestellen, sondern sie auch gleich bezahlen», skizziert Franz Reiner einen typischen Anwendungsfall. Der Manager ist als Vorstandsvorsitzender der Daimler Mobility AG für zahlreiche digitale Themen im Konzern zuständig und sieht das In-Car-Payment als zentralen Baustein der vernetzten Zukunft. 

Schon heute ermöglicht das Infotainmentsystem neuerer Mercedes-Modelle das Bezahlen direkt aus dem Auto, allerdings nur nach vergleichsweise komplizierter Authentifizierung. Ab dem ersten Halbjahr 2022 soll das Fahrzeug den Menschen hinterm Steuer einfacher identifizieren können, indem es dessen biometrisches Profil abgleicht. Codes und Passwörter sind dann nicht mehr nötig. Zunächst soll der Service gemeinsam mit Visa etabliert werden, andere Zahlungsdienstleister sollen folgen.

Der Kundenbindungseffekt

Mercedes ist in Sachen komfortables Bezahlen längst nicht allein. Gestartet sind die sogenannten «Invisible Payment»- Dienste – die «unsichtbaren Zahlungen» – auf dem Handy. So lässt sich bereits in vielen Geschäften per Apple Pay zahlen, ohne dass Münz oder Bankkarte gezückt werden müsste. Auch Amazon setzt mit dem Store-Konzept «Amazon Go» darauf, den unangenehmen Teil des Zahlungsvorgangs von den Kundinnen und Kunden weg in den Hintergrund zu rücken. Das soll einerseits den Komfort erhöhen, nicht zuletzt aber auch die Kundenbindung stärken. Gerade dieser Kundenbindungseffekt macht es für Autohersteller und andere Vertreterinnen und Vertreter der Branche interessant. Wer einmal das nahtlose Zahlen im Auto per Fingerabdruck oder Gesichtserkennung gewohnt ist, steigt nicht mehr ohne weiteres auf ein anderes Fabrikat um. Wer an der einen Tankstelle unsichtbar zahlt, kommt immer wieder.

Chevrolet und Shell bieten für ihre gemeinsame Kundschaft daher bereits ein automatisches Bezahlsystem für den Tankvorgang an, Honda kooperiert in den USA in ähnlicher Weise mit Visa. Auch die Verkäuferinnen und Verkäufer selbst sollen von der Technik profitieren, reduziert sie doch den Bargeldbestand in den Kassen und damit das Diebstahlrisiko. Langfristig könnten Kassen und Personal sogar komplett eingespart werden.

In den kommenden Jahren dürften die In-Car-Payment-Systeme aber noch universeller werden. Neben Tank- und Parkrechnungen kommen schon heute weitere Konsummöglichkeiten dazu. So bieten Hersteller wie Audi, BMW, Mercedes und Porsche in ihren Neuwagen bereits Dienstleistungen und Ausstattung zum Download an. Wer etwa ins Ausland fährt, kann sich kostenpflichtig die digitalen Karten seiner Zielregion auf das Navigationsgerät laden. Das geht sogar so weit, dass auch Ausstattungsdetails nach dem Kauf freigeschaltet werden können. Etwa besseres LED-Licht für die dunkle Jahreszeit.

Drittes wichtiges Anwendungsfeld von In-Car-Payments sind Mobilitätsdienstleistungen, etwa das Freischalten eines Carsharing-Autos oder das Bezahlen eines Ridehailing-Dienstes.

Ein gigantisches Geschäft

Bevor immer und überall der PW zahlt, ist aber noch einiges zu tun. «Die Technik muss einfach gestaltet sein, intuitiv funktionieren und vor allem sicher sein», fasst Reiner die Anforderungen zusammen. Klar ist aber, dass das automatisierte Zahlen ein gigantisches Geschäft werden könnte. Die Beratungsagentur Juniper schätzt das Umsatzvolumen des Jahres 2025 auf umgerechnet rund 80 Milliarden Franken. Holger Holzer
 

Nachrichten

Kawasaki: Zukunft wird elektrisch

Die vom japanischen Konzern Kawasaki Heavy Industries frisch abgespaltete Motorradsparte Kawasaki Motors Ltd. hat in Japan ihre Zukunftspläne vorgestellt. Laut UnternehmensChef Hiroshi Ito setzt der neu gegründete Zweiradkonzern auf ein nachhaltiges Wachstum mit flexibler Modellstrategie sowie als Fernziel auf Klimaneutralität. Letzteres wollen die Japaner mit einem Fokus auf Hybrid- und Elektroantriebe sowie auf alternative Treibstoffe erreichen. Bis 2025 will Kawasaki pro Jahr durchschnittlich 16 neue Motorräder einführen. (red)

Neues Label für Mercedes-Kunden

Das vor einigen Jahren speziell für die G-Klasse eingeführte Individualisierungsprogramm Manufaktur hat Mercedes auf SKlasse, Maybach S-Klasse, CLS und Mercedes- AMG GT 4-Türer ausgeweitet. Damit steht auch diesen Baureihen ein erweitertes Spektrum an Sonderlackierungen, edleren Lederausstattungen und speziellen Interieurapplikationen zur Verfügung. Das Programm soll in den kommenden Jahren ausgeweitet werden, auch auf die Elektro-Submarke EQ. (red)

Kleinstwagen Aygo wird zum Mini-Crossover

Die neue Generation des Einstiegsmodells der Japaner trägt die Bezeichnung Aygo X und soll im November Premiere feiern. Gebaut wird er im tschechischen Kolin, wo bereits der Vorgänger gemeinsam mit Peugeot 108 und Citroën C1 vom Band rollte. Die beiden Franzosen bekommen aber keinen Nachfolger und laufen ersatzlos aus – wohl auch, weil mit den günstigen Autos schwer Geld zu verdienen ist. Toyota will das jedoch mithilfe von Skaleneffekten möglich machen. Ob sich Toyota beim neuen Aygo X für einen Hybrid entscheidet, ist ungewiss. (red)

Ioniq zahlt Pizza, Strom und Parkplatz

Hyundai hat ein In-Car-Payment-System für das Elektroauto Ioniq 5 vorgestellt, mit dem Fahrende bargeldlos und ohne Karten oder Apps an Ladestationen bezahlen können. Mit dem System sollen auch Lebensmittel und Parkplätze bezahlt werden können, wie das Unternehmen mitteilte. Das System soll diesen Herbst in Nordamerika starten. Hyundai kooperiert zum Start mit den Unternehmen Dominos, Parkwhiz und Chargehub. Für die Nutzung müssen die Daten einer Kreditkarte hinterlegt werden. Die Bezahlfunktion wird im Infotainmentsystem verwaltet. (red)