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Vom ersten Ruck zur langfristigen Motivation: Tipps von Motivationspsychologin Professor Dr. Iris Dinkelmann von der PHTG Kreuzlingen

Ob Schule, Universität oder Beruf: Immer wieder gilt es, etwas Unangenehmes zu überwinden, um langfristige Ziele zu erreichen. Eine Motivationspsychologin zeigt auf, wie unser innerer Antrieb entsteht – und sich steigern lässt.

Vom ersten Ruck zur langfristigen Motivation: Tipps von Motivationspsychologin Professor Dr. Iris Dinkelmann von der PHTG Kreuzlingen

Niemand will sie und doch kennt sie praktisch jeder: Motivationsprobleme. Bild: Getty Images

Es kostet Kraft, die eigene Trägheit zu überwinden. Das ist ein physikalisches Prinzip, das sich auch aufs Sozialleben übertragen lässt: Wir schauen lieber Videos im Internet, als für eine Prüfung zu lernen. Wie ein Auto, das aus dem Stand heraus viel Benzin benötigt, um zu beschleunigen, so brauchen auch wir manchmal reichlich Motivation, um uns in Bewegung zu setzen.

In Bewegung kommen

«Motivation leitet sich aus dem Wort ‹movere› ab und bedeutet so viel wie ‹zielbezogenes Bewegen›», sagt Iris Dinkelmann, Professorin und Dozentin im Bereich Pädagogik und Psychologie an der Pädagogischen Hochschule Thurgau. Unsere Motivation bestimme mit, worauf wir unser Handeln ausrichten. «Sie beeinflusst, was wir tun und was wir vermeiden.» Wir büffeln uns durch trockene Statistikvorlesungen oder beginnen eine Weiterbildung, weil es für uns von Interesse ist oder zukünftig Erfolg verspricht. Was aber, wenn bereits der Anfang unmöglich erscheint oder uns in der Hälfte der Ausbildung die Puste ausgeht?

«Wir können durchaus erfolgreichen Umgang mit unserer Motivation entwickeln, es gibt aber kein Patentrezept», sagt Iris Dinkelmann. Denn Motivation sei sowohl von der Situation als auch der Person abhängig. «Wir dürfen bei aller Selbstmotivierung und -optimierung nicht vergessen, dass Motivation massgeblich vom sozialen Umfeld abhängt», betont sie.

Selbstvertrauen und Wollen

Die Motivation umfasse zwei zentrale Komponenten: Erwartungen und Werte. «Mit anderen Worten: Kann ich es? Und will ich es?», sagt Iris Dinkelmann. Beantworten wir eine oder gar beide Fragen mit einem «Nein», sei die Chance gross, dass wir eine Aufgabe vor uns herschieben oder gar verwerfen.

Die erste Frage betreffe das Selbstvertrauen, sagt Iris Dinkelmann: «Menschen mit mehr Selbstsicherheit bewältigen eine Aufgabe leichter und oft auch erfolgreicher.» Bezogen auf die zweite Frage, das «Wollen», seien die Bezeichnungen extrinsische und intrinsische Motivation geläufig. Diese Begriffe verständen viele als Gegensätze, wobei intrinsisch mit «gut» und extrinsisch mit «schlecht» assoziiert würde. «Es gibt gute Gründe, von dieser Sichtweise Abschied zu nehmen», sagt die Professorin. Extrinsische und intrinsische Motivation liessen sich eher auf einem Kontinuum beschreiben, das von «fremdbestimmt» bis «selbstbestimmt» reicht. «Die Übergänge zwischen den beiden Polen sind fliessend», ergänzt Iris Dinkelmann.

Manchmal nehmen wir uns einer Sache erst nur wegen des äusseren Drucks an, aber mit der Zeit betrachten wir es als wichtig oder nützlich und beschäftigen uns deshalb damit. «Selbst in diesem Fall ist aber immer noch von extrinsischer Motivation die Rede», sagt Iris Dinkelmann. «Es gibt somit durchaus auch tendenziell selbstbestimmte Erscheinungsformen extrinsischer Motivation.» Erst dann, wenn wir etwas um seiner selbst willen tun, handle es sich um intrinsische Motivation – das sei beispielsweise oft der Fall bei der Ausübung von Hobbys.

Die Bedeutung des sozialen Umfelds

Dass wir im Büro, Unterricht oder Hörsaal manchmal mehr Mühe haben, uns selbstbestimmt zu motivieren als in unserer Freizeit, liegt in der Natur der Sache: Gemäss Selbstbestimmungstheorie müssen wir für intrinsische Motivation die drei Grundbedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Verbundenheit befriedigen. Dennoch sei es auch in beruflichen und schulischen Situationen möglich, dass Momente inneren Antriebs entstehen, sagt Iris Dinkelmann.

«Die Rahmenbedingungen sind entscheidend.» Eine Ausbildungsstätte kann die intrinsische Motivation ihrer Lernenden fördern, indem sie ihnen genügend Handlungsspielraum entgegenbringt (Autonomie), angemessene Ziele setzt und Weiterentwicklung ermöglicht (Kompetenz) sowie ein soziales Zugehörigkeitsgefühl schafft (Verbundenheit). Lässt sich all dies miteinander verbinden, ist der erste Ruck zur langfristigen Motivation geschafft. Anna Dieckmann

Fünf Tipps vom Motivationsprofi

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Tipp #1: Gegen Aufschiebeverhalten hilft vor allem eines: anfangen! Dabei gilt es, spezifische und realistische (Teil-)Ziele zu formulieren und dranzubleiben. Hilfreich kann auch sein, sich die nachfolgenden Tipps Nr. 2 bis 5 zu vergegenwärtigen.
 

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Tipp #2: Die Devise lautet: sich etwas zutrauen und falls nötig Hilfe holen. Sich über Gelungenes zu freuen, ist nicht nur legitim, sondern auch wünschenswert. Das Umfeld kann dabei unterstützen, angemessene Ziele zu formulieren, Vertrauen in die Person zu setzen und Erfolge zu würdigen.
 

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Tipp #3: Scheitern kommt vor. Wichtig ist, die Vorkommnisse zu analysieren und Konsequenzen für das nächste Mal abzuleiten. Das Umfeld kann dabei unterstützend wirken, indem es Rückmeldung gibt und sich anbietet, gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

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Tipp #4: Wenn irgendwie möglich, ist ein Betätigungsfeld zu wählen, das einen persönlich anspricht. Falls das Umfeld dabei Entscheidungsfreiheiten gewährt, fördert das die Motivation zusätzlich.

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Tipp #5: Falls die Sinnfrage auftaucht, kann man bei anderen nachfragen, wieso sie die Tätigkeit als nützlich, wichtig und interessant betrachten. Falls das Umfeld anerkennt, dass Menschen nicht immer begeistert sein können und man ernst genommen wird, kann das unterstützend sein. (adm)

Person

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Prof. Dr. Iris Dinkelmann, Dozentin an der Pädagogischen Hochschule Thurgau, ist verantwortlich für den Forschungsbereich «Pädagogische Psychologie». Sie bildet seit über zwei Jahrzehnten angehende Lehrpersonen aus und setzt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Motivation auseinander. In ihren Studien untersucht sie Entwicklung und Wirkung von Motivation sowie die Bedeutung des sozialen
Umfelds. (adm)

www.phtg.ch