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Die Macht des gesprochenen Wortes

Sie kann Brücken schlagen und Türen öffnen: Gute Rhetorik ist ein wichtiger Baustein im erfolgreichen Berufsleben. Ein Experte verrät, welche Elemente zum gelungenen Auftritt verhelfen.

Die Macht des gesprochenen Wortes

Starke Redner nutzen die Macht der Worte geschickt und erfolgreich für ihre Anliegen. Illustration: Tom Werner

«Am Anfang war das Wort», so steht es in der Bibel geschrieben. Dieser Satz verkörpert alle grossen Ansprachen, die eine Neuausrichtung in der Geschichte der Menschheit eingeläutet haben. Von Angela Merkel über Winston Churchill bis hin zu Martin Luther King: ihre Reden haben andere Menschen überzeugt, indem sie diese berührt und bewegt haben. Und genau dieser Wirkung wegen ist die Rhetorik heute gefragter denn je. «Gute Rhetorik wird oftmals mit Intelligenz gleichgesetzt», sagt Oliver Schroeder, Kommunikationsberater, Medientrainer und während der letzten 15 Jahre Studienleiter für Rhetorik und Moderation an der Schweizer Journalistenschule MAZ. Für ihn sei es deshalb nicht verwunderlich, dass Präsenz und Sprachstil teils höher gewichtet würden, als der Inhalt der Rede selbst. «Wer in der Lage ist, mit seinen Worten Menschen zu überzeugen, ist erfolgreich», sagt der Experte. Worauf zu achten ist, fasst er anhand von fünf Punkten zusammen.Kommunikation ist Beziehung«Kommunikation ist immer Beziehung zum Publikum und zum Thema», sagt Schroeder. Bevor Techniken wie Atemübungen zum Zuge kommen, sollte die auftretende Person zu ihrem Kern vorstossen: Wer bin ich? Was möchte ich von mir zeigen? Was ist mir wichtig? «Die Klarheit im Wort basiert auf der Klarheit der Gedanken und des Herzens», sagt Schroeder. Selbstsicherheit entspringe der inneren Antriebskraft – jede Rede brauche ein Anliegen. «Nicht nur Expertise ist wichtig, sondern auch der Mensch, der sich für das Thema begeistert.»Mein Freund, das LampenfieberHerzklopfen, Bauchschmerzen, zitternde Hände: Viele Menschen fürchten die Anspannung, die sie vor Auftritten befällt. «Die natürliche Nervosität ist etwas ganz Wichtiges», sagt Schroeder. «Kämpfe nicht gegen dein Lampenfieber, sondern mache es dir zum Freund.» Adrenalin macht uns leistungsfähiger, solange wir nicht in Panik geraten: «Wenn die Angst Oberhand gewinnt, kann das zu Black-outs oder Ohnmachtsanfällen führen», sagt der Coach. Vielen Menschen hilft es, sich vor ihrem Auftritt körperlich zu betätigen – beispielsweise in Form eines Spaziergangs.Richtige Gestik für grosse WirkungKörpersprache ist ein zentrales Element der Rhetorik, da Menschen auch nonverbal kommunizieren. Atmung, Motorik und Mimik verraten viel über den inneren Zustand. Die Gestik soll sich beim Auftritt der Menschenmenge anpassen. Es gilt: Je grösser das Publikum, desto ausladender die Gesten. «Je weniger wir darüber nachdenken, was wir mit den Händen machen sollen, desto natürlicher bewegen sie sich mit unseren Worten mit», sagt Schroeder.Verzicht auf RitualeEine Rede, die Charakter und Persönlichkeit der auftretenden Person zeigt, ist authentisch. «Sich zeigen bedeutet nicht, sich zu entblössen», sagt Schroeder. Vielmehr sei es die eigene Haltung gegenüber dem Inhalt der Rede, die Nähe schaffe: «Persönliche Geschichten und Gefühle lassen das Publikum an den eigenen Gedanken und Überzeugungen teilhaben », sagt der Experte. Damit die zentrale Botschaft bei den Zuhörenden ankomme, sei es wichtig, die Menschen direkt anzusprechen: «Rede von und zu deinem konkreten Publikum », rät Schroeder. Dabei sollte man auf Floskeln wie «Herzlich willkommen» oder «Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit» verzichten.Die Macht der Pause«Wir haben alle Angst vor Pausen », sagt Schroeder. «In der Schule haben sie uns das Innehalten ausgetrieben.» Für viele seien Pausen deshalb Momente des Versagens. In seinem Performance-Training arbeitet der Coach gegen diese Pausenflucht an: «Rhetorikprofis wie Barack Obama nutzen Pausen als mächtiges Instrument in ihren Reden », sagt Schroeder. Richtig angewandt, geben sie dem Publikum Zeit, das Gehörte zu verdauen und zu verinnerlichen. Nebst Pausen ist auch der Punkt am Ende jedes Satzes wichtig. «Für einen guten Sprachrhythmus hilft es, mit der Stimme zum Satzende hin tiefer zu werden und auszuatmen», sagt der Rhetorikexperte. Anna Dieckmann

Auf einen Blick: Fünf Rhetoriktipps vom Profi

Tipp #1: Der Redner soll sich darüber im Klaren sein, weshalb ihm das Thema wichtig ist – und aus dieser Überzeugung Energie und Sicherheit schöpfen.

Tipp #2: Die Samurai stellten sich ihre Angst vor einem Kampf sinnbildlich als Kugel vor, die in der Klinge nach vorn wandert und das Schwert führt. So fungiert Anspannung als mentaler Helfer.

Tipp #3: Ein aufrechter, stabiler Stand ist das A und O bei einem Auftritt.

Tipp #4: Am Anfang der Raketenstart und am Ende die Mondlandung: Anstelle der abgegriffenen Phrasen mit einer provokativen Frage beginnen und mit einem nachwirkenden Schlusssatz enden.

Tipp #5: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold: In einer Rede können bewusste Sprachpausen die Bedeutung der Worte unterstreichen und ihre Wirkung maximieren. (adm)
  

Person

Die Macht des gesprochenen Wortes-2
Bild: PD

Oliver Schroeder, geboren und aufgewachsen in Berlin, bereitet Menschen auf wichtige Reden und Auftritte vor. Nach jahrelanger Arbeitserfahrung im Bereich TV- und Radio-Journalismus war er 15 Jahre an der Schweizer Journalistenschule MAZ als Studienleiter Rhetorik und Moderation tätig. Zurzeit konzentriert er sich auf den Ausbau seiner Beratungsfirma für Kommunikation und Performance. (adm)

www.mediencoach.ch